Bürgerkrieg in Libyen: Arabische Liga für Flugverbotszone
Die Arabische Liga fordert vom UN-Sicherheitsrat die Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen. Doch ob China und Russland mitziehen, ist fraglich. Im Land kämpfen Truppen um jede Stellung.
KAIRO taz | Die Arabische Liga hat sich für eine Flugverbotszone über Libyen ausgesprochen. Der UN-Sicherheitsrat wurde offiziell aufgefordert, eine solche Zone zum Schutz der Zivilisten einzurichten, heißt es in einer Erklärung der arabischen Außenminister, die sich am Samstag in Kairo getroffen haben. "Wir werden unsere Forderung sofort dem UN-Sicherheitsrat vorlegen", sagte Generalsekretär Amru Mussa im Anschluss an das Treffen. Eine solche Zone sei eine humanitäre Maßnahme, um libysche Zivilisten und Ausländer in Libyen zu schützen, fügte Mussa hinzu.
Damit ist eine der Voraussetzungen für die Einrichtung einer Flugverbotszone erfüllt, wie sie von westlichen Diplomaten eingeklagt worden war. Diese hatten eine arabische Zustimmung gefordert, bevor sich der UN-Sicherheitsrat ernsthaft mit dieser Frage auseinandersetzt. Der Westen müsse in der Libyen-Krise den Eindruck eines "christlichen Kreuzzugs gegen Menschen muslimischen Glaubens" unbedingt vermeiden, hatte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle am Wochenende noch einmal erklärt.
Die Entscheidung der Arabischen Liga kam schneller und ohne größere öffentliche Einsprüche zustande. Doch gleichzeitig betonen die arabischen Staaten in einer dazu widersprüchlichen Resolution ihre Ablehnung einer ausländischen Militärintervention in Libyen. Diese Resolutionen sind das Ergebnis einer hitzigen Debatte hinter den Kulissen. Algerien und Syrien hatten sich gegen jegliche Einmischung von außen in Libyens innere Angelegenheiten ausgesprochen.
Die Entscheidung für eine Flugverbotszone sei aufgrund des "öffentlichen arabischen Drucks" entstanden, erklärte Youssef Ben Ali, Außenminister des Oman, der das Treffen der Liga geleitet hatte. "Die Fernsehbilder, die wir sehen, treiben jeden mit einem Gewissen an, etwas unternehmen zu müssen", sagte er. Unklar ist, welche praktische militärische und logistische Unterstützung die arabischen Staaten für die Durchsetzung einer Flugverbotszone anbieten würden.
Die arabischen Außenminister diskutierten auch über die politische Legitimität der Aufständischen. Die Liga beschloss, zu den Rebellen und deren Führung, dem Nationalrat in Bengasi, Kontakt aufzunehmen. Der Vorsitzender des libyschen Nationalrates, Mustafa Abdel Jalil, begrüßte in Bengasi in einem Interview mit dem arabischen Fernsehsender al-Arabia die Entscheidung der Liga für eine Flugverbotszone und die Aufnahme von Kontakten zu den Aufständischen.
Gleichzeitig wurde der libysche Sitz in der Liga suspendiert. Eine von Muammar al-Gaddafi entsandte Delegation durfte an dem Treffen in Kairo nicht teilnehmen. "Aufgrund schwerer und ernsthafter Vergehen haben die libyschen Autoritäten ihre Souveränität verwirkt", heißt es in der Erklärung der Liga.
Es ist das erste Mal in der Geschichte der Arabischen Liga, dass sie eine Maßnahme gegen die Souveränität eines ihrer 22 Mitgliedstaaten beschloss. Die USA begrüßten den arabischen Beschluss. "Die Entscheidung stärkt den internationalen Druck auf Gaddafi und unterstützt das libysche Volk", erklärte Jay Carney, der Sprecher des Weißen Hauses und fügte hinzu: "Wir werden uns auf alle Möglichkeiten vorbereiten und uns mit unseren Bündnispartner koordinieren."
In Libyen selbst verloren die Aufständischen am Wochenende weiter an Terrain. Wie ein AFP-Reporter vor Ort berichtete, zogen sich die Rebellen nach Luftangriffen in der Umgebung aus der ostlibyschen Stadt Brega zurück. Das libysche Staatsfernsehen berichtete, die Rebellen seinen aus Brega "vertrieben" worden. Zuvor hatten die regimetreuen Truppen bereits die Stadt Ras Lanuf und zwei weitere Orte zurückerobert.
Die Aufständischen haben sich nach Angaben des Reporters ins 80 Kilometer weiter nordöstliche gelegene Adschdabija zurückgezogen, dem letzten Rebellenstützpunkt vor der Oppositionshochburg Bengasi. Dort war am Sonntag das gesamte Handynetz gekappt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett