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Bürger gegen DVU auf der Straße

Proteste gegen DVU-Treffen. Stadt spendiert Einnahmen aus der Hallen-Vermietung an Opfer rechter Gewalt

PASSAU taz ■ Ein totaler Boykott sollte es werden. Doch der Plan für die DVU-Kundgebung am Samstag ging nicht auf. Nur eines gelang: Autonome Linke und Passauer Bürger demonstrierten gemeinsam gegen rechts.

Die Boykottidee hatte sich so gut angehört: Kein Passauer sollte die Anhänger der Deutschen Volksunion (DVU) bei ihrer Kundgebung in der Nibelungenhalle bedienen. Kein Essen, keine Getränke, keine Taxis, keine Hotels für Nazis, die schon seit 1984 jährlich in die Stadt kommen.

Doch die meisten Ideen, die das Passauer „Komitee für Kritische Öffentlichkeit“ angeregt hatte, haben sich nicht durchgesetzt. Das Fazit am Samstag: Die Hotels waren sowieso ausgebucht. Warum dann noch Anti-Nazi-Schilder in die Tür hängen, so die verbreitete Meinung. Taxifahrer sprachen davon, dass die DVU sowieso mit Bussen käme, Tankstellenmitarbeiter zuckten bloß mit den Schultern. Nur wenige Geschäfte zeigten mit Plakaten ihre Abneigung gegen die Nazis. Immerhin: eine Buchhandlung veranstaltete auf eigene Kosten eine Lesung zum Thema „Deutscher Geist und Judenhass“.

„Die Passauer müssen sich erst einmal daran gewöhnen, keine Angst zu haben und aktiv zu werden“, vermutet Werner Kraus, Sprecher des Komitees. Außerdem hätte er mehr Zeit zum Organisieren gebraucht – und mehr Aufgeschlossenheit bei der Stadt.

Die war vorsichtig. „Wenn der Wirt die DVUler nicht bedient hätte, dann wären sie in die Stadt gelaufen“, sagt Oberbürgermeister Willi Schmöller (SPD). So war er am Ende froh, dass die DVUler in der Halle unter sich blieben – und nicht mit den Gegendemonstranten auf offener Straße zusammenstießen.

Über fünfzig Mal hat die Stadt dagegen geklagt, dass die Rechten die Nibelungenhalle nutzen – immer wieder hat das Verwaltungsgericht gegen Passau entschieden: Die Halle ist ein städtischer Veranstaltungsraum und muss, wie es etwa die bayerische Gemeindeordnung vorsieht, nicht verbotenen Parteien zur Verfügung gestellt werden. Immerhin: Das von der Stadt eingenommene Geld für die Hallenmiete, etwa 5.000 Mark, wird den Hinterbliebenen des in Dessau ermordeten Afrikaners Alberto Adriano gespendet.

Einen weiteren Rechtsstreit hatte die Stadt kurz vor der Veranstaltung auch verloren: Die Aufführung eines Videos von Holocaust-Leugner David Irving vor den 2.200 Rechten war erst von der Stadt verboten worden, wurde dann vom Gericht wieder erlaubt.

Obgleich die Stadt die Boykottidee wenig unterstützt hat – ein großes Zugeständnis machte der Bürgermeister: Er rief, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, alle Bürger zu einem gemeinsamen Protestmarsch gegen rechts auf. 2.600 Bürger zogen gemeinsam mit Linken durch die Stadt.

Es gab keine Krawalle, keine Verletzten. Kurzzeitig nahm die Polizei 29 Personen fest, 17 davon in Gewahrsam. Nach Angaben der Polizei zählten davon 16 zum rechten und eine zum linken Spektrum. Bis zum Sonntagmorgen waren alle wieder auf freiem Fuß.

Werner Kraus vom Komitee Kritische Öffentlichkeit zeigte sich nach den Protesten gegen die DVU optimistisch: „Dieses Jahr haben wir eine gute Basis geschaffen, auch wenn der Boykott nicht geklappt hat. Aber wir kommen wieder, nächstes Jahr.“

Spätestens in zwei Jahren wird sich DVU-Chef Gerhard Frey sowieso einen neuen Versammlungsort suchen müssen: Die Stadt plant eine Neugestaltung der Innenstadt und wird die Nibelungenhalle abreißen.

NICOLE JANZ

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