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Bündnis demonstriert gegen RechtsextremeZivilcourage in Eschede

In dem Ort feierten die „Jungen Nationalisten“ im Stile der HJ. Die lokale Zivilgesellschaft wollte sich das nicht gefallen lassen und zog am Samstag vor den Nazi-Treff.

Auf dem Grundstück dieses Bauernhofes finden seit Jahren Treffen von Rechtsextremen statt Foto: dpa

Eschede epd | Rund 300 Menschen haben nach Veranstalterangaben am Samstag in Eschede bei Celle gegen einen Treffpunkt von Rechtsextremen demonstriert. „Wir wollen Verantwortung übernehmen für unser Land, darum sind wir heute hier“, sagte die evangelische Theologin Margot Käßmann zum Auftakt. Der Demonstrationszug führte zu einem Hof, auf dem sich Rechtsextreme seit vielen Jahren unter anderem zu „Sonnenwendfeiern“ und „Erntefesten“ versammeln.

Medienberichten zufolge waren dort bereits am vergangenen Wochenende rund 50 Menschen zu einem von den „Jungen Nationalisten“ (JN) organisiertem Treffen zusammengekommen. Ein Video des Medienkollektivs Recherche Nord zeigt unter anderem mit einem Fackelzug eine an die NS-Zeit anmutende Szenerie. Auch Kinder sind zu sehen.

Zu der Demonstration gegen die Aktivitäten auf dem Hof hatte ein breites Bündnis aufgerufen. Käßmann sagte laut Redemanuskript: „Ich nehme heute als Christin hier teil, weil ich zutiefst überzeugt bin: Christlicher Glaube und Rechtsextremismus sind absolut unvereinbar.“ Die frühere Bischöfin betonte: „Wir wollen nicht zurück in ein vermeintlich ‚rassenreines‘ Nazideutschland, sondern gemeinsam mit vielen, mit Juden, Muslimen, Christen, Menschen ohne Religion dieses Land gestalten.“

Der NPD-Landesverband Niedersachsen hatte den Hof 2019 von seinem Mitglied Joachim Nahtz gekauft. Die Immobilie ist seit mehr als 30 Jahren ein Treffpunkt verschiedener rechtsextremistischer Organisationen. Initiativen gegen Rechtsextremismus aus der Region demonstrieren seit vielen Jahren immer wieder gegen die Treffen.

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10 Kommentare

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  • Die Welt wäre besser ohne Nazis und ohne Nationale Zionisten. "Supremacy" ist nicht mehr gefragt, sondern das Miteinander, Mitgefühl und Verstand.

  • Diese Witzfiguren jagen mir Angst ein. Hatten wir alles, das Ergebnis kennen wir, brauchen wir NIE WIEDER!

  • Ohne Nazis ist die Gegend vielleicht auch ganz nett. Es kommt immer darauf an, was man daraus macht.

  • Ich frage mich immer, wie man gestrickt sein muss, um zu solchen Treffen auf irgendwelche heruntergekommenen und versifften Ex-Bauernhöfe in die Pampa zu ziehen und zu meinen, man müsse Werbung für irgendein Deutschland machen, das ungefähr so aussieht wie die Trostlosigkeit einer solchen Umgebung.



    Ein Deutschland, wie sich das diese rechtsradikalen Taugenichtse vorstellen, will ich jedenfalls nicht!

    • @Aurego:

      Tja, wären Linke eher bereit, auf solche "Ex-Bauernhöfe" in die Pampa zu ziehen und dort ein linkes Gesellschaftsmodell zu leben, statt nur in Großstädten in heruntergekommenen Ex-Wohnhäusern leben zu wollen, wäre das Rechtsextremistenproblem auf dem Lande kleiner.

      Sie haben schon recht, Linke haben keine Lust auf diese Trostlosigkeit.

      Für Menschen, die in solchen Ecken leben, ist das aber Alltag

      Gerade in Ostdeutschland gibt es Massen von diesen Ecken.

      Zu Ostzeiten gelebter Sozialismus, heute wollen Linke damit nichts mehr zu tun haben.

      Früher hatte Linkssein mal Arbeiter und Bauern als Adressaten ihrer Ideen.

      Heute Migranten und Studenten.

      Rechte sind sich für diese Ecken nicht zu schade.

      • @rero:

        Man darf Linke nicht mit verarmten Sozialisten gleichsetzen. Linke leben nicht unbedingt ausschließlich in besetzten Häusern in Berlin, Hamburg oder Kopenhagen. Es gibt durchaus auch Linke, die ein gut gefülltes Bankkonto und einen lukrativen Job haben.



        Das Hauptproblem des Ostens (wo ich gelegentlich und gerne Urlaub mache) war und ist die Abwanderung und in vielen Gegenden das Fehlen gut bezahlter Arbeitsplätze. Die Abwanderung hat zu einem enormen Leerstandsproblem bei Immobilien geführt, das nur punktuell in wenigen Städten gelöst wurde (z. B. Dresden, Leipzig, Schwerin etc.). Sinnvoll wäre also, in den nicht prosperierenden Gegenden für neue gut honorierte Arbeitsplätze zu sorgen (also nix "Arbeiter und Bauern"!) sowie massiv in die Bildungs- und Ausbildungsinfrastruktur zu investieren und so die Attraktivität zu steigern.

        • @Aurego:

          Natürlich gibt es Linke wie Rechte mit gut gefülltem Bankkonto und lukrative Job.

          Wären jene Linken solidarischer, wäre es wohl um die Rechten schlechter bestellt.

          Das Erstarken der Rechten in der ostdeutschen Provinz hat vielleicht schon was mit dem Zurückziehen der Linken dort zu tun.

          Wenn man das Klientel, mit dem man solidarisch sein möchte, in der ostdeutschen Provinz nicht mehr findet, weil man neue Zielgruppen entwickelt hat, ist der Rückzug logisch.

          Es ist halt die Frage, mit wem man solidarisch sein möchte.

          Wer warten will, bis in der ostdeutschen Provinz lukrative Arbeitsplätze entstehen, wird womöglich vorher eine AfD-Bundesregierung erleben.

          Auch in Berlin und Leipzig gehört nicht jeder Linke zu den Gutverdienern.

          Muss es denn wirklich so sein, dass fast alle linken Projekte dort in der Innenstadt stattfinden?

          • @rero:

            Die "linken Projekte" finden meist in Innenstädten statt, weil es da die geeignete Infrastruktur gibt und man leicht hinkommt.



            Die strukturellen Probleme des Ostens haben im Prinzip etwas mit fehlendem gewachsenem Wohlstand zu tun: Die Erbschaften fallen zu dünn aus. Da das "volkseigene Vermögen" bei der Übernahme der DDR an die Treuhand fiel und von dieser weit unter Wert verscherbelt wurde, ohne dass die DDR-Bürger davon etwas bekommen haben, ist die Freude über Reisefreiheit, D-Mark, gefüllte Supermarktregale und viele bunte West-Autos irgendwann dem Frust gewichen, als man feststellte, dass das bisschen Geld, was man bekam, nicht reichte, die alten Arbeitsplätze verschwanden und neue nicht kamen und die Landschaften zwar blühten, man davon aber nicht leben konnte. Von Eltern und Großeltern gab es wenig zu erben, weil sie selbst nicht viel hatten, die Häuser waren marode und die jungen, ungebundenen, gut Ausgebildeten verschwanden gen Westen. Wer nicht so gut ausgebildet, im falschen Alter oder familiär gebunden war, blieb.



            Die Gründe, warum viele Leute dort seltsam wählen, sind klar. Die Ursachen sind älter als die Ampel-Regierung und die Pandemie war ein Brandbeschleuniger.

            • @Aurego:

              Klar, die Gründe sind klar.

              Was weniger klar ist, warum "Kein Fußbreit den Faschisten!" nur in Großstädten gilt.

              An die geeignete Infrastruktur und das leichte Hinkommen glaube ich leider nicht.

              Beides bräuchten Rechte auch.

              Es bedient halt das Ego, mitten in Berlins Innenstadt Häuser zu besetzen oder Subkultur aufzubauen.

              Dass man in Brandenburg Häuser nachgeschmissen kriegen würde, wenn man sie renoviert, interessiert nicht.

              Da überlässt man das Feld bereitwillig den Rechten.

              Subkultur und Statusdenken schließen sich nicht gegenseitig aus

              Die AfD ist nun mal eine Defizitpartei.

              Sie machen sich da breit, wo es Linken zu "versifft" ist.

              • @rero:

                Man besetzt die Häuser ja dort, wo es sie gibt. Es ist unbestritten, dass es MFH gibt/gab, die aus Gründer der Spekulation leer stehen gelassen wurden, auch in so mancher Innenstadt mit Wohnraummangel. In Berlin leben auch mehr Menschen als in Brandenburg, d. h. in Berlin gibt es einfach mehr Wohnraum. Das sollte man tunlichst nicht vergessen. Dass Berlin eine ausgeprägte Subkultur hat, reicht in die Zeit zurück, als es noch unter Viermächte-Status stand und eigtl. nicht Teil der Bundesrepublik war.