Bündis für Wohnungsbau: Höher, dichter, breiter
Giffey und Geisel kritisieren oft mangelnde Akzeptanz für Neubaupläne. Für sie liegt allein darin die Lösung der Wohnungsnot.
BERLIN taz | CDU-Landeschef Kai Wegner mag anders als Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) keinen Erfolg darin sehen, dass in Berlin im zu Ende gehenden Jahr trotz widriger Umstände und Krisenlage 16.500 Wohnungen entstanden sind, aber eben nicht die angestrebten 20.000. „Frau Giffeys Bündnis für Neubau und bezahlbares Wohnen entfernt sich immer mehr von den eigentlichen Zielen“, kritisiert Wegner. Ähnlich kritisch äußerte sich auch die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Die Regierungschefin hatte am Mittwochabend gemeinsam mit Bausenator Andreas Geisel (gleichfalls SPD) eine aus ihrer Sicht positive Bilanz des im Juni gegründeten Bündnisses gezogen.
Giffey und Geisel hatten dabei ihre offiziell vom ganzen rot-grün-roten Senat getragene Baupolitik gegen Kritik aus gegensätzlichen Richtungen verteidigt, die ihnen teils zu wenig, teils zu viel Wohnungsbau vorwirft. Aus ihrer Sicht ist Neubau der einzige Weg aus der Wohnungsnot. „Es gibt keinen anderen Weg als den Neubau nach vorne zu bringen und zugleich Mieterschutz im Bestand zu betreiben“, sagte Giffey bei einer Bilanz des im Juni unter Beteiligung von Privatunternehmen gegründeten Wohnungsbaubündnisses.
Der Senat hatte sich vor einem Jahr in seinen Koalitionsverhandlungen vorgenommen, bis 2026 insgesamt 100.000 Wohnungen bauen zu lassen, durchschnittlich 20.000 pro Jahr. „Als wir den Koalitionsvertrag abgeschlossen haben, war die Welt eine andere“, rechtfertigte Giffey die nun am eigenen Plan fehlenden 3.500 Wohnungen mit dem Verweis auf den seit Februar währenden Krieg in der Ukraine. Das Erreichte sei „unter den Rahmenbedingungen wirklich viel“.
Mieterverein weiterhin nicht dabei
Bausenator Geisel lud erneut den Mieterverein ein, sich dem Wohnungsbaubündnis anzuschließen. Eine andere Gruppierung, die im Juni dem Bündnis nicht hatte beitreten wollen, ist hingegen nun dabei: der Zentrale Immobilien-Ausschuss (ZIA). Laut Geisel ist der Mieterverein zwar „nicht offiziell Mitglied, aber wir arbeiten viel zusammen.“ Als Beispiel nannte er die Arbeitsgruppe zum Mietspiegel.
Giffey wie Geisel kündigten an, dass es in Berlin beim Bauen „höher, dichter und breiter“ werden soll und forderten mehr Verständnis dafür: Wenn Wohnungsbau in diesem Ausmaß entsteht, könne das nicht unbemerkt geschehen. Wer das nicht wolle, solle doch mal mit den vielen Wohnungssuchenden reden oder sich eine Flüchtlingsunterkunft angucken. Wenn Neubau vor der eigenen Haustür stattfinde, „dann wird das ganz schnell irdisch mit der Akzeptanz von Wohnungsbau“, kritisierte Giffey.
Geisel kündigte an, dass die schon zweimal aufgeschobene neue ökologische Bauordnung Anfang 2023 Thema im Senat sein soll. Die wird aus seiner Sicht allerdings das Bauen „weiter verteuern“.
Leser*innenkommentare
Lichtenberg
Giffey und Geisel sollten ihren Anspruch auf Beliebtheit überdenken. Wer viel redet, polarisiert. Stadtentwicklung muß man wollen und gestalten. Bürgerbeteiligungen für Neubauvorhaben vor der Tür wurden politisch gefordert und die gegenteiligen Meinungen der Bürger wurden eingeschränkt / ignoriert?
"Wenn Neubau vor der eigenen Haustür stattfinde, „dann wird das ganz schnell irdisch mit der Akzeptanz von Wohnungsbau“, kritisierte Giffey".
Giffey irrt!
Wohnungsbau nur alleine gedacht als "Schlafstadt", löst in Berlin nicht die Probleme von Mietern und Neumietern.
Die "neuen" Kinder brauchen kurze Wege für Kita- und Schulplätze mit Personal und in der Freizeit Spiel- und Sportplätze. Im neuen Wohnumfeld ist Infrastruktur notwendig.
Die Bürger als Anwohner von beengten grünen Innenhöfen wohnen dort und haben eine Vorstellung von machbaren Neubauplänen. Sich für den Erhalt von Grünanlagen in Zeiten von Klima- und Lebenskrisen einzusetzen, ist ein Zeichen für Verantwortung für eine umweltgerechte Integration und Inklusion von Jüngeren und Älteren. Das und Hunderte / Tausende Mieter aus zig Nationen.