der wochenendkrimi: Bücher, diese Teufelszeugs
„Tatort: Racheengel“, Mo (!) 20.15 Uhr, ARD
Am Pfingstwochenende wird Leipzig wieder von Freizeit-Heiden und Kuschel-Satanisten überschwemmt. Denn es findet das „Wave-Gotik-Treffen“ statt, der weltweit größte Auflauf von Gruftis aller Art. Passenderweise bedient dieser MDR-„Tatort“ noch mal sämtliche Vorurteile, die man in Bezug auf Kittelträger haben kann: Die jungen Menschen tragen genormte schwarze Umhänge, bewegen sich mit staksigen Ausfallschritten zu düsterer Elektronik und lesen hirnerweichenden Gothic-Schund – in diesem Fall die Bücher einer Schriftstellerin mit dem Pseudonym Mimi Blaise, in denen ein gefallener Engel namens Sariel Kriminalfälle löst. Nun wurde die Literaturagentin der Kultautorin tot aufgefunden, erdrosselt mit dem Schlips eines Streifenpolizisten.
Den Ermittlern Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade) tut sich ein Abgrund aus literaturindustriellen Verstrickungen auf: Es geht um Vorschüsse in Millionenhöhe, echte und vermeintliche Autorenschaft sowie Heerscharen schwarz betuchter Fans, die gegen den angekündigten Tod ihres fiktiven Helden aufbegehren.
Die Macher der Leipziger Buchmesse, die hier mehrmals in die Handlung integriert wird, können von einer solchen Masseneuphorie für das gedruckte Wort natürlich nur träumen. Woher rührt die den nun? Den Filmemachern (Regie: Hannu Salonen, Buch: Mario Giordano, Andreas Schlüter) gelingt es leider nicht, die Begeisterung der Menschen für den schwarzen Engel plausibel zu machen. In einem kruden Undercover-Plot wird eine Politesse in die vermeintlich bizarren Rituale der Teufelsanbeter und die rauen Sitten des Fantasy-Literaturbetriebs eingeführt. Was sie erlebt, nimmt sich aber aus wie eine unfreiwillige Parodie auf die Gothic-Szene: plumper Quatsch mit phosphorisierenden Kontaktlinsen und Bomben in Heizungskellern. CBU
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