Buback-Anwalt über Becker-Prozess: "Super-Gau für die BRD"

Der Anwalt von Michael Buback will im Prozess gegen Ex-RAF-Mitglied Verena Becker belegen, dass sie geschossen hat. Möglicherweise sei sie tatsächlich gedeckt worden.

Wer hat geschossen? Dienstwagen des Generalbundesanwaltes Siegfried Buback nach dem Attentat am 7. April 1977. Bild: dpa

taz: Herr Endres, Sie vertreten im Verfahren um die Ermordung von Ex-Generalbundesanwalt Siegfried Buback den Nebenkläger Michael Buback, Sohn des Opfers. Was ist Ihr Ziel?

Ulrich Endres: Meine Aufgabe ist es, die Interessen von Herrn Buback zu wahren - die deutlich von denen der Bundesanwaltschaft abzuweichen scheinen.

Warum?

Die Bundesanwaltschaft wollte diesen Prozess lange nicht, aber Herr Buback hat unermüdlich nachgeforscht. Erst unter diesem Druck hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Verena Becker erhoben - dann allerdings nur wegen diffuser Tatbeiträge, während Herr Buback es für wahrscheinlich hält, dass Verena Becker seinen Vater sogar erschossen hat.

Wollen Sie das Verfahren aktiv steuern?

Wir werden uns zunächst zurückhalten und sehen, wie die Bundesanwaltschaft agiert. Falls sie aber weiter nicht an Aufklärung interessiert ist, wie Herr Buback meint, werden wir die Prozessführung mit eigenen Anträgen unterstützen.

Wollen Sie das gesamte Beweisprogramm aus Herrn Bubacks Buch "Der Zweite Tod meines Vaters" abarbeiten?

Selbstverständlich. Herr Buback hat mit naturwissenschaftlicher Akribie Beweise zusammengestellt, die darauf hindeuten, dass Verena Becker die Schützin war.

Die Erinnerung von Zeugen könnte nach 33 Jahren nicht mehr die beste sein.

Wir haben auch viele Sachbeweise: DNA-Spuren, Haarspuren und die Tatwaffe, die sich in Beckers Gepäck befand, als sie festgenommen wurde.

Wollen Sie auch ehemalige RAF-Angehörige vorladen lassen?

Gut möglich. Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt wurden wegen des Anschlags bereits verurteilt. Sie dürften also kein Auskunftsverweigerungsrecht mehr haben.

Das hat der BGH noch 2008 anders gesehen.

Mal abwarten...

Michael Buback denkt, dass es bei den Sicherheitsbehörden eine schützende Hand über Verena Becker gab. Glauben Sie das auch?

Wenn Sie mich vor ein paar Monaten gefragt hätten, hätte ich gesagt, ,ich leide nicht an Verfolgungswahn, in diesem Land ist so etwas nicht möglich'. Aber jetzt nach der Akteneinsicht kann ich eine Deckung leider nicht mehr ausschließen.

Welche Akten haben Sie eingesehen?

Die Verfassungsschutzakten über Frau Becker. Vermutlich wird über deren Inhalt auch im Prozess nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt.

Michael Buback geht davon aus, dass Verena Becker schon 1977 kurz nach der Tat gedeckt wurde. Mit dem Verfassungsschutz hat sie aber erst 1980 in der Haft Kontakt aufgenommen. Wie passt das zusammen?

Sie müssen dem Verfassungsschutz ja nicht alles glauben. Betrachten Sie doch mal die Gesamtumstände, insbesondere die Tatsache, dass trotz erheblicher Hinweise auf eine Tatbeteiligung gegen Frau Becker 1977 keine entsprechende Anklage erhoben wurde. Da erscheint der Gedanke nicht absurd, dass schon damals eine schützende Hand über sie gehalten wurde.

Das hieße, der RAF-Anschlag wurde unter den Augen dieser schützenden Hand vorbereitet.

Herr Buback kann das nicht ausschließen. Letzteres wäre sicher der Super-Gau für die Bundesrepublik. Aber darüber werden wir ausführlich im Prozess sprechen, da wird es noch einige Überraschungen geben.

Kann sich Ihr Mandant Michael Buback denn auch vorstellen, dass Verena Becker nicht die Schützin war?

Natürlich. Herr Buback hat sich doch nicht verrannt. Er will nur wissen, wer seinen Vater erschossen hat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.