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Brutaler Einsatz gegen ein Demo-TransparentPolizei erinnert an Prügelperser

Bei einem Protest vor der iranischen Botschaft beschlagnahmt die Polizei ein harmloses Transparent. Danach kommt es zu Schlägereien. Die Folge: zehn Verletzte.

Erst zeigen die Demonstranten ihre Plakaten gegenüber der iranischen Botschaft ... Bild: Verein iranischer Flüchtlinge

Es geschah am Tag der internationalen Menschenrechte. Vor der iranischen Botschaft in Dahlem protestieren oppositionelle Iraner. "Nieder mit der Islamischen Republik", fordern sie in Sprechchören und auf Transparenten. Das tun sie jedes Jahr. Doch diesmal - es ist Freitag, der 10. Dezember - beschlagnahmen Polizisten das Plakat. Eine Rechtsgrundlage dafür gibt es offenbar nicht. Bei dem Versuch, den Demonstranten das Transparent zu entreißen und einige von ihnen festzunehmen, werden mehrere Personen teils schwer verletzt.

Der Verein iranischer Flüchtlinge und das Komitee zur Unterstützung politischer Gefangener im Iran forderten am Sonntag eine lückenlose Aufklärung des "brutalen Polizeieinsatzes". Acht Menschenrechtler seien verletzt worden heißt es. Die Rede ist von einen Nasenbeinbruch, eine Gehirnerschütterung, zahlreiche Hämatome und Hautverletzungen. Am schlimmsten habe es eine 57-jährige Frau getroffen, die mit einer Wirbelsäulenfraktur im Krankenhaus liege, wie ihre Tochter der taz sagte.

Die Reaktion der Polizei ließ auf sich warten. In einer ersten Presseerklärung vom Freitagabend war lediglich von zwei leicht verletzten Polizisten die Rede gewesen. Vier Personen seien wegen Verdacht des Widerstands und versuchter Gefangenenbefreiung festgenommen worden. Verletzte Demonstranten wurden nicht erwähnt.

Auf eine "Gegendarstellung" der Organisation Color of Democratic Election (CODE) im Internet ging die Pressestelle bis Sonntagmittag nicht ein. "Wir weisen das zurück", so ein Sprecher. Erst am Nachmittag hieß es plötzlich, beim Landeskriminalamt sei von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet worden. Die erhobenen Behauptungen, die im Widerspruch zu den vorliegenden polizeilichen Erkenntnissen stünden, würden geprüft.

... dann demonstriert die Polizei ihre Staatsgewalt gegen die Plakate. Bild: Verein iranischer Flüchtlinge

Gegenstand der Ermittlungen werde auch die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen sein, sagte der Polizeisprecher. Als Grund für den Einsatz hatte die Polizei am Freitag den Strafantrag eines Botschaftangehörigen wegen Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten genannt. Die eingesetzten Beamten seien "vermutlich irrig von der Strafbarkeit der Transparentaufschrift ausgegangen", hieß es wörtlich in der Pressemitteilung der Polizei am Freitag.

Von einem - folgenschweren - Irrtum gehen auch die Demonstranten aus. Denn die Parole "Nieder mit der Islamischen Republik" werde seit Jahrenzenten bei den Protestaktionen vor der iranischen Botschaft verwendet, sagt Hamid Nowzari vom Verein iranischer Flüchtlinge. Das habe man den Beamten vor Ort auch erklärt. Trotzdem hätten sie darauf bestanden, dass das Plakat entfernt werden müsse, und es den Demonstranten schließlich gewaltsam entrissen.

Völlig überrascht von dem Verhalten der Beamten war auch der Rechtsanwalt Johannes Honnecker, Vorstandsmitglied des Republikanischen Anwaltvereins. "Für den Einsatz gab es keine Rechtsgrundlage", sagte er der taz am Sonntag. Man könne keine Staaten beleidigen - allenfalls Personen. "Das lernt jeder Polizist auf der Polizeischule im ersten Semester."

Lange nach der Beschlagnahmung des Transparents, so die Organisatoren des Protests, hätten Beamte wahllos auf friedliche Demonstranten eingeprügelt und sogar -getreten. Auch Hunde seien eingestetzt worden. Am Ende sei die 57-Jährige mit einer Wirbelsäulenfraktur am Boden liegen geblieben. "Die Verletzung deutet auf eine erhebliche Gewalteinwirkung", sagte ihre Tochter am Sonntag.

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13 Kommentare

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  • K
    Kontrollverlust

    Jo, ist halt schwierig, wenn man Freunden helfen will, die gerade verhaftet werden sollen - Schwupps macht man sich strafbar, und es ist nicht allen bewusst bzw manchen dann auch egal. Außerdem ist so eine Situation sehr emotional und Gesetze sind eben völlig unemotinal und herzlos. Da entsteht ein Spannungsfeld, wo eine Handlung die andere ergibt und dann gibt es Schwerverletzte, und niemand will es gewesen sein. Bleibt zu hoffen, dass die Vorgänge aufgeklärt werden können und es den Opfern bald wieder gut geht.

  • DE
    Der Esel

    Ich weiß nicht wer hier alles Kommentare schreibt aber ich möchte die Damen und Herren auf beiden Seiten bitten eine fundierte Diskussion zu führen.

    Platitüden wie sie hier des häufigeren zu finden sind führen zu keine Lösung eines Gesellschaftlichen Konfliktes. Im übrigen haben diverse Gerichte in letzter Zeit immer wieder festgestellt das, auch in Berlin, immer wieder Methoden durch die Polizei angewandt werden die darauf abzielen ein Gefühl von Bedrohung und Angst unter den Menschen zu schüren die ihr VERFASSUNGSMÄßIG garantiertes Recht auf Demonstrationsfreiheit wahrnehmen. Da ich selbst gelegentlich Demonstrationen besuche ( und dies nicht in schwarzer Kleidung) kann ich leider auch sagen das einige Vorgänge die durch die Polizei initiert werden zum einen die Angst vor Polizeigewalt schüren müssen zum zweiten ein Gefühl von völliger Ohnmacht seitens der Demonstranten erzeugen und die zum dritten darauf abzielen die Demonstranten von den Machthabern abzuschirmen damit diese gar nicht erst wahrnehmen müssen was ihr Volk fordert. Auch ich konnte in mehreren Fällen völlig überzogene Polizeigewalt beobachten (so am 1.Mai in Berlin wo Menschen die mit erhobenen Händen auf dem Boden saßen in die Faust eines Polizisten gerissen werden und dann wieder auf den Boden gestoßen, nur um im selben MOment wieder zu zu schlagen. Die Polizisten wissen das sie rechtswidrig agieren sie wissen aber auch es gibt seitens des "Rechtsstaates" keine angemessene Reaktion. Wenn mich jedoch ein Polizist rechtswidirg behandelt so habe ich auch in diesem Fall, wie in jedem anderen, ein Recht auf Notwehr. Dies bedeutet in diesem Fall das die Demonstranten das Recht, selbst wenn sie sich gewehrt haben, auf ihrer Seite haben. Deshalb sollten die Beteiligten Beamten augenblicklich aus dem Aktiven Dienst entlassen werden bis die Vorfälle restlos aufgeklärt sind. Durch Minimalstrafen für Polizisten verstärkt sich das Ohnmachtgefühl der Bürger was auf lange sicht zu einer größeren Eskalation führen muss!

  • KK
    kommentar kripo

    @klaus:

     

    dann hau doch ab und laß dir woanders auf die "schnautze" geben.

  • FM
    Francis Moradi

    Ich bin froh, dass diesmal nicht die Pasdaran und Bassijis auf die Menschen losgegangen sind, wie damals in den 60iger Jahren, als die Sawak auf dem deutschen Boden auf die Studenten los ging.

  • NK
    nicht klaus

    schön wenn man wieder alle über einen Kamm schert!

    Berufschaoten? damit bessert sich die Rentnerin bestimmt ihre mickrige Rente auf!

    sicherlich gibt es Provokateure, aber auch leider fehlgeleitete und offensichtlich schlecht ausgebildete Polizisten. solange die staatliche Gewalt nicht ordnungs- und verhältnisgemäß regiert, solange sehen sich die provokanten Chaoten im Recht.

    Nur schade, dass dann die darunter leiden müssen, die ihr verfassungsgemäßes Recht der Meinungsäusserung in Anspruch nehmen!

  • A
    anassege

    Ihren Kommentar hier eingeben Die polizeibeamten ,die an verletzten PERSONEN beteiliegt waren müssen hart bestraft werden.hirebei müssen rechtstaatlich gelten und keine Rücsicht genommen weren.

  • K
    klaus

    Deutsche Anti Atom Aktivisten haben unlängst Erfahrungen mit der französischen Polizei gehabt. Die greifen ganz anders durch. Berufschaoten bekommen da schnell was auf die Schnautze. Nur unsere Beamten müssen sich von Hans und Wurst auf der Nase herum tanzen lassen. Dann finden die Demo Aktivisten auch noch verständnisvolle 68er Richter.

     

    Das reinste Kasperl Theater

  • HL
    Hauke Laging

    Wie weit nach oben reicht denn die Unfähigkeit der Berliner Polizei, wenn bei so einem(!) Anlass

     

    1) weder ein (verantwortlicher oder wenigstens eingreifender) Beamter anwesend ist, der weiß, was rechtswidrig ist und was nicht

     

    2) die fünf Minuten nicht zur Verfügung stehen, um jemanden zu fragen, der Ahnung hat, wenn man schon selber überfordert ist, bevor man staatsgewaltlich handgreiflich wird?

     

    Aber man darf ja wohl davon ausgehen, dass eine solche Maßnahme der Polizei auf Video festgehalten wird, oder darf man in Berlin nicht einmal das?

  • N
    Nick

    Wer sich der Festnahme verweigert oder andere die den Beamten dabei behindern, müssen wissen was auf sie zukommt. Immer das selbe. Ihr seit aber auch selbst schuld, wenn ihr immer wieder mitspielt. Ich bin für härtere Strafen für Polizisten und Demonstranten. Oder besser man sucht sich andere Mittel und Wege, es gibt viele Möglichkeiten heute seinen Protest zu zeigen.

  • H
    hans2

    @denninger

     

    In diesem Artikel laviert nix, da reimen Sie sich offenbar was zusammen.

     

    Tip: Lesen vor dem Schreiben ist besser als phantasieren vor dem Schreiben.

  • H
    hans

    Was in den Köpfen von einigen Polizeibeamte vorgeht irritiert mich immer wieder.

    Keine Ahnung und Respekt vor Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit usw.

    Und die Anwendung von physischer Gewalt bei jeder Kleinigkeit.

  • D
    denninger

    Die extra zum 2. Juni eingeflogenen, marodierenden Claqueure wurden und werden "Jubelperser" genannt. Soo toll ist der Vergleich auch wieder nicht, Plutonia.

    Und , "Just me", bist Du wirklich der Ansicht, die Regierung des Iran geniesse ausser bei pathologischen Judenhassern irgend welche Sypathien in Regierung oder Politik? Na, das sieht aber nicht so aus.

    Irgendwie laviert der Artikel um die Frage herum, ob ein Angriff auf die Polizisten stattgefunden hat. Seltsam, nicht wahr?

  • JM
    Just me

    Passt ja wie die Faust aufs Auge,dass die Polizei so für den Unterdrückerstaat Iran in die Presche springt. Einfach nur widerlich, mehr fällt einem dazu nciht ein.