Brüssel will Berner Konvention ändern: Schnellerer Abschuss von Wölfen
Die EU-Kommission plant im Streit Wolf gegen Weidetiere, den Beutegreifer weniger streng zu schützen. Aber da haben viele mitzureden.
Die EU-Kommission reagiert damit unter anderem auf Beschwerden von landwirtschaftlichen und Jäger-Organisationen. Wolfsrudel seien in mehreren Regionen Europas zu einer „echten Gefahr“ für Nutztiere geworden, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Mit dem Vorschlag mache die Europäische Union einen „wichtigen Schritt“, um den zuständigen Behörden mehr Freiheiten beim Umgang mit den Wölfen zu ermöglichen. Von der Leyen hatte die EU-Länder bereits im September aufgerufen, „Maßnahmen zu ergreifen, wo immer es erforderlich ist“.
In Deutschland hatte die Umweltministerkonferenz daraufhin zuletzt einem Vorschlag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zugestimmt. Diese will Weidetierhaltung und Wolfsschutz nachhaltig zusammenbringen. Dem Beschluss zufolge sollen die Bundesländer Gebiete definieren, in denen besonders viele Weidetiere in geschützten Haltungen von Wölfen gerissen werden. Dort können die Beutegreifer dann nach einem vereinfachten Verfahren zum Abschuss freigegeben werden.
Während ein Wolf sonst nur dann getötet werden darf, wenn er genetisch als Angreifer identifiziert wurde, entfällt diese Bedingung hier – das Tier muss allerdings „zumutbare Herdenschutzmaßnahmen“ überwunden haben. Dann kann eine Genehmigung erteilt werden, mit der maximal 21 Tage lang ein Wolf geschossen werden darf, der sich im Umkreis von bis zu 1.000 Metern um den Ort bewegt, an dem der Schaden passiert ist.
Naturschutz vs. Tierhaltung
Agrarminister:innen in einigen Ländern reichte das nicht. Die einen forderten eine einheitliche bundesweite Regelung, andere wie die bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU), dass sich Lemke in Brüssel für eine Änderung einsetzen sollte.
Tierschutzverbände, darunter der Deutsche Tierschutzbund, haben dagegen eine Studie vorgelegt, nach der zwei Drittel der ländlichen Bevölkerung für einen starken Schutz des Wolfs sei. Sowohl viele Landwirt:innen als auch viele Jäger:innen fühlten sich nicht von den entsprechenden Interessenverbänden vertreten, heißt es darin.
Generell sind Wölfe im EU-Recht bislang durch die FFH-Naturschutzrichtlinie besonders geschützt. Sie beruht auf der Berner Konvention für den Erhalt wildlebender Pflanzen und Tiere in Europa und kann deshalb nicht auf alleinige Initiative der EU geändert werden. Dem Vorschlag der Kommission müssen alle 51 Unterzeichner der Konvention zustimmen, dazu gehören neben den EU-Ländern unter anderem die Türkei und Belarus sowie Burkina Faso, Marokko, Senegal und Tunesien, in denen viele Zugvögel überwintern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück