Bruch mit EVP im Europaparlament: Orbán macht als Erster Schluss
Ungarns Fidesz verlässt die konservative Fraktion im Europaparlament. AfD-Chef Meuthen reibt sich die Hände – er will mit Fidesz zusammengehen.
Der Konflikt zwischen Orbán und der EVP schwelt schon seit Jahren. Zum ersten großen Krach kam es 2015 im Streit über die Flüchtlingspolitik. Obwohl Orbán den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel ablehnte und europäische Solidarität verweigerte, verhinderten Merkel und die CDU den Rauswurf. Auch Orbáns vehemente Attacken auf den früheren Kommissionschef Jean-Claude Juncker änderten wenig.
Doch nun ist das Maß voll. Orbán hatte im Herbst 2020 den EU-Haushalt blockiert, um mögliche Finanzsanktionen wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit in Ungarn abzuwehren. Zudem ließ er es zu, dass der Fidesz-Europaabgeordnete Tamas Deutsch den EVP-Fraktionschef Manfred Weber beleidigte. Von „Gestapo-Methoden“ war die Rede, viele EVP-Politiker wollten Fidesz schon damals hinauswerfen.
Wieder hielten CDU/CSU dagegen. Immerhin stimmten sie einer Änderung der Geschäftsordnung zu, die den Ausschluss der Fidesz-Gruppe aus der Fraktion ermöglichen sollte. Diese Änderung wurde am Mittwoch mit einer breiten Mehrheit verabschiedet. Daraufhin zog Orbán wie angedroht die Reißleine. In einem Brief an Weber sprach er von einem „feindlichen Akt gegen die Fidesz und unsere Wähler“.
Schwächung für EVP-Fraktion
Nun müssen die zwölf Fidesz-Abgeordneten die größte Fraktion im Europaparlament verlassen. Die EVP-Gruppe schrumpft damit von 187 auf nur noch 175 Parlamentarier, bleibt aber stärkste Kraft. Dennoch bedeutet der Abschied eine Schwächung für Fraktionschef Weber, aber auch für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin ist Mitglied der EVP; bei der Durchsetzung ihrer Politik ist sie auf die größte Fraktion angewiesen.
Für die Orbán-Anhänger hingegen eröffnen sich neue Möglichkeiten. Sie könnten sich der polnisch dominierten rechtskonservativen EKR-Fraktion anschließen – oder noch weiter nach rechts zur ID-Gruppe wechseln, in der auch die AfD mitarbeitet. „Aufseiten der AfD würde sich keiner einem Beitritt des Fidesz zur ID versperren“, erklärte Parteichef Meuthen. „Ganz im Gegenteil: Wir sind überzeugt, dass die patriotischen und freiheitlichen Kräfte Europas an einem Strang ziehen sollten.“
Viel dürfte davon abhängen, wie sich nun die EVP-Partei verhält. Bisher ist die Mitgliedschaft der Fidesz in der Partei nur suspendiert. Parteichef Donald Tusk kündigte ein Ausschlussverfahren an. Eine Entscheidung könne aber erst fallen, wenn es die Infektionslage erlaube. Dafür muss die „Political Assembly“ der EVP zusammentreten.
Fraktionschef Weber scheint sich bereits auf den finalen Bruch vorzubereiten. Die Partei stehe nicht länger auf derselben politischen Grundlage wie die christdemokratischen Gründerväter seit Konrad Adenauer, sagte der CSU-Politiker. „Es ist der Fidesz, der sich abgewandt hat.“
Demgegenüber sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Daniel Caspary: „Die Hand bleibt ausgestreckt.“ Die Änderungen der Geschäftsordnung hätten nicht darauf abgezielt, die Fidesz auszuschließen, so Caspary. Ziel sei lediglich eine Suspendierung gewesen.
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