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Britische Tageszeitung „The Independent“Aus für die Holzversion

Die Zeitung, von der einst täglich 423.000 Exemplare verkauft wurden, erscheint bald nur noch online. 100 Menschen verlieren ihren Job.

Bald keine gedruckte Zeitung mehr: der britische „The Independent“. Foto: dpa

Seinen Geburtstag kann der Independent nicht mehr feiern: Im Oktober wäre die britische Tageszeitung 30 Jahre alt geworden, doch am 26. März erscheint die letzte Ausgabe. Das Blatt fährt seit 25 Jahren hohe Verluste ein. Inzwischen hat sie nur noch 40.000 zahlende Leser. Die Sonntagszeitung Independent on Sunday, die seit 1990 erscheint, wird ebenfalls eingestellt. Die Zeitung i, die billige, aber profitable Kurzausgabe des Blattes, ist für 25 Millionen Pfund an den Verlag Johnston Press verkauft worden.

Der Independent war 1986 von drei Journalisten des konservativen Daily Telegraph gegründet worden, die eine unabhängige Zeitung links von der Mitte auf dem Markt etablieren wollten. Zunächst funktionierte das Konzept, 1990 lag die verkaufte Auflage bei 423.000 Exemplaren. Deshalb zettelte der Medienmogul Rupert Murdoch einen Preiskrieg an. Seine Times kostete nur noch zehn Pence.

Von da ab ging es mit dem Independent bergab. Daran konnte auch die Auszeichnung als beste überregionale Zeitung des Jahres 2004 nichts ändern. 2003 war der Independent auf Boulevardformat geschrumpft, was die Auflage vorübergehend auf 220.000 Exemplare trieb. Doch der Aufschwung war nicht von Dauer. Die Zeitungsgründer gaben ihre Unabhängigkeit auf, die Blätter gingen nacheinander an vier Investoren, zuletzt an den früheren russischen Geheimdienstagenten Alexander Lebedew, der die Titel 2010 für einen Pfund kaufte und die Schulden übernahm.

Sein Sohn Ewgeny, der inzwischen Herausgeber ist, wollte die Einstellung der Printausgabe als positive Nachricht verkaufen: Man mache das, was andere sich noch nicht trauen, sagte er. In Wirklichkeit ist es ein Sparprogramm, rund 100 Menschen werden ihre Jobs verlieren.

Anfangs hatte der Independent das Internet nicht ernst genommen. Erst 2008 bastelte man einen vernünftigen Web-Auftritt, doch da war es zu spät. Den Vorsprung der Konkurrenz holte man nicht mehr auf, die Zahl der Besucher auf der Independent-Seite blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Mit künftig nur 25 Mitarbeitern wird sich daran auch nichts ändern.

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1 Kommentar

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  • An Orwell angelehnt läßt sich vorhersagen, daß auch alle übrigen ihren Job verlieren, nämlich dann, wenn die gesamte journalistische Arbeit nur noch von "intelligenten" Computerprogrammen erledigt wird, die systematisch alles das auch noch journalistisch auswerten und in Form bringen, was über Kameras usw. in anderen Bereichen ohnehin schon automatisch abläuft. Lediglich mit dem vollständig computergesteuerten Menschen wird es sich wohl noch eine zeitlang hinziehen.