: Bremer Taliban entdeckt
Deutsch-Türke unter Taliban-Verdacht in Afghanistan verhaftet. US-Truppen wollen ihn nach Kuba bringen
BREMEN taz ■ Die US-Truppen in Afghanistan wollen einen 19-jährigen Türken aus Bremen auf ihre Militärbasis Guantánamo auf Kuba ausfliegen. Wie der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe meldet, wurde Murat K. Anfang des Monats von US-Soldaten in der Nähe von Kandahar festgenommen. Er wird verdächtigt, sich der Taliban-Miliz oder der Terrororganisation al-Qaida angeschlossen zu haben. Bereits seit Oktober ermittelt auch die Bremer Staatsanwaltschaft gegen den jungen Mann.
Murat K. reiste am 3. Oktober über Frankfurt nach Pakistan. Sein 20-jähriger, ebenfalls türkischer Begleiter wurde damals an der Ausreise gehindert, weil gegen ihn ein Haftbefehl vorlag. In Bremen nahm daraufhin Staatsanwalt Uwe Picard die Ermittlungen gegen die beiden jungen Männer und zwei weitere Verdächtige auf. Vorwurf: Bildung einer „kriminellen Vereinigung“. Nach Angaben des Focus bersteht der Verdacht, dass zwei der Männer eine Art „Terror-Reisebüro“ betrieben hätten. Sie hätten Taliban-Kämpfer angeworben und deren Reisen nach Afghanistan organisiert. Auch wenn Picard diesen Verdacht für übertrieben hält, hat sich nun die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe eingeschaltet und prüft eine Übernahme der Ermittlungen.
Murat K. stammt aus dem Bremer Arbeiterviertel Hemelingen, in dem viele türkische Einwanderer leben. Dort war es offenbar kein Geheimnis, dass sich der Schiffbau-Azubi radikalen Islamisten anschließen wollte.
In einem Interview mit Radio Bremen erzählte ein Freund Murat K.s, bis vor ein oder zwei Jahren sei dieser „ein ganz normaler Typ“ gewesen, aber dann habe er sich verändert. Ein Nachbar will gehört haben, dass Murat K. „zum Kämpfen“ nach Afghanistan gehen wollte. Seine Eltern seien darüber „wütend“ gewesen, aber der Sohn habe das „unbedingt gewollt“. Auch in der örtlichen Kuba-Moschee waren seine radikalen Neigungen bereits aufgefallen. Ein Vertreter der Moschee sagte im Fernsehen, Murat K. habe Hausverbot erhalten, weil er „manchmal mit dem afghanischen Anzug“ gekommen sei. Daraufhin schloss sich der Jugendliche der Abu-Bakr-Moschee in der Bremer Innenstadt an, der auch ein weiterer Verdächtiger angehören soll.
Murat K. ist in Bremen geboren, hat aber nicht die deutsche Staatsbürgerschaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen