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Bremer Senator plant AbschiebezentraleReine Symbolik gibt es nicht

Alexander Diehl
Kommentar von Alexander Diehl

Menschen zu Zahlen gemacht: Wenn ein erfahrener Innensenator ankündigt, mit mehr Schmackes abzuschieben, dann hat das Wirkung.

Steigende Tendenz: Innenpolitiker sähen gerne mehr Abschiebeflugzeuge Foto: Sebastian Gollnow/dpa

D ass Politik selten im rein Faktischen besteht, sondern immer auch symbolisch funktioniert, das weiß einer wie Ulrich Mäurer natürlich. Der Sozialdemokrat ist ja kein Anfänger im Betrieb, bekleidet vielmehr seit inzwischen 17 Jahren ein Amt, in dem wenige überhaupt so alt werden: das des Bremer Innensenators.

Wer einen derart heißen Stuhl so lange besetzt, muss verstanden haben: Sicherheit, das hohe Gut der Innenministerien und -ressorts, das sind nie nur Zahlen, das ist nie nur das konkret Erreichte. Da geht es ganz schnell auch ums Gefühl: Menschen mögen in der statistisch sichersten Stadt der Republik leben, sich aber nicht so vorkommen.

Das gezielte Anspielen aufs „subjektive Sicherheitsempfinden“ war keine Erfindung des Rechtspopulisten Ronald Schill, aber ins Amt hat es ihn 2001 gebracht; auch das eines Innensenators, in Hamburg.

Landläufig gilt der symbolische Anteil der Politik als eine Art Betrug, wird über „Symbolpolitik“ häufig gesprochen, als wäre sie eine Art Ersatz für wirkliche Aktivität oder doch allenfalls deren Anhängsel. Wäre das so, müsste sich niemand Sorgen machen, wenn Mäurer mal wieder laut darüber nachdenkt, endlich mit mehr Schmackes abschieben zu können aus dem offenbar schrecklich lax regierten Stadtstaat Bremen. Denn bis auf Weiteres ist der angekündigte Umbau im dortigen Verwaltungs-Organigramm halt – Symbolpolitik.

Dass die als falsch empfundenen Leute brave Wäh­le­r:in­nen verunsichern, scheint bloß ein technisches Problem

Aber es geht halt doch um mehr. Wer spricht, wie es Mäurer jüngst tat, der nimmt mindestens in Kauf, dass sich die Aufmerksamkeit verschiebt: weg vom Umstand, dass all die mal eben zur spektakulären Zahl Reduzierten dann doch immer noch Menschen sind. Hin zu einer Machbarkeits-Fantasie: Dass die als falsch empfundenen Leute brave Wäh­le­r:in­nen verunsichern, hat dann keine komplexen, auch rechtsstaatlichen Gründe, sondern ist bloß ein technisches Problem.

Welchen Schaden aber nimmt die Glaubwürdigkeit, wenn so eine Politik dann nicht liefern kann?

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Alexander Diehl
Redakteur taz nord
Wollte irgendwann Geisteswissenschaftler werden, ließ mich aber vom Journalismus ablenken. Volontär bei der taz hamburg, später auch mal stv. Redaktionsleiter der taz nord. Seit Anfang 2017 Redakteur gerne -- aber nicht nur -- für Kulturelles i.w.S.
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