Bremer SV empfängt Bayern München: Im Wohnzimmer von Werder?

Im August kommt der FC Bayern nach Bremen – zum Pokal-Spiel gegen den Bremer SV. Gut möglich, dass die Partie im Weserstadion ausgetragen wird.

Die Luftaufnahme zeigt das Weserstadion

Wäre kurios fürs Weserstadion: Die Bayern kommen – aber nicht wegen Werder Foto: dpa / Carmen Jaspersen

BREMEN taz | Der Bremer Arbeiterstadtteil Walle beherbergt nicht nur einen traditionsreichen Fußballverein, sondern auch eine Brauerei. Die Geburtsstunden beider Institutionen liegen nur ein Jahr auseinander (1906/1907) und es ist davon auszugehen, dass etliche Siege des Bremer Sportvereins (BSV) mit einem Union-Bier begossen wurden. So nah wie am vorletzten Sonntag sind sich die beiden Geschichten allerdings selten gekommen.

Da verfolgten Spieler, Betreuer und Fans des BSV die TV-Übertragung der Auslosung für die 1. Runde des DFB-Pokals in der Gaststätte der 2015 neueröffneten Brauerei. In dem Jubel nach Bekanntgabe des Gegners des BSV schwang mehr mit als die normale Freude, wenn ein Fünftligist auf einen mehrfachen Champions League-Gewinner trifft. In diesem Los steckten noch andere Geschichten.

Anders als in den Jahren von 2014 bis 2016, als der Klub die Bremen-Liga dominierte, erreichte der BSV diesmal als Außenseiter die Hauptrunde des DFB-Pokals. Eigentlich sollte der Regionalligist FC Oberneuland, der den BSV mittlerweile wieder als erfolgreichster Amateurverein überholt hat, nach dem coronabedingten Abbruch des Bremer Lotto-Pokals als Starter festgelegt werden. Nach Protesten aus der Amateurszene kam es zu einem Finalturnier, das der BSV überraschend für sich entschied.

Der Verein hat damit dafür gesorgt, dass Bremen trotz des Abstiegs des Platzhirschen Werder Bremen in die Niederungen der 2. Bundesliga am ersten August-Wochenende noch einmal Erstliga-Flair erlebt. Möglicherweise sogar im Weser-Stadion, dem Wohnzimmer der Grün-Weißen, das sie sich von 1947 bis 1963 mit dem BSV als Heimspielstätte teilten.

Slogan des Bremer SV

„Seit 1962 nicht in der Bundesliga. Fußballkultur vom Panzenberg“

Im Jahr der Einführung der Bundesliga zog der BSV, der in der Oberliga-Nord zwischenzeitlich sogar besser als Werder platziert gewesen war, auf den Waller Panzenberg um und gibt sich heute den selbstbewussten Slogan: „Seit 1962 nicht in der Bundesliga. Fußballkultur vom Panzenberg“.

So kultig der Platz am Hafenrand ist, so wenig lassen die Sicherheits- und Komfortauflagen des DFB dort die Austragung eines Pokalspiels gegen Bayern München zu – schon gar nicht unter den Bedingungen eines coronakonformen Hygiene-Konzeptes und einer möglichen TV-Liveübertragung. „Wahrscheinlich scheitert es schon an der Größe unserer Umkleidekabinen, wo die Bayern-Spieler dann nicht reinwollen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Alfons von Werde bei Radio Bremen.

Im vergangenen Jahr erlaubte der DFB wegen der Pandemie einen Tausch des Heimrechts, sodass der FC Oberneuland bei Borussia Mönchengladbach antreten konnte. Die Gladbacher übernahmen die Stadionkosten und der FC Oberneuland hatte keine Abzüge von der Startprämie des DFB in Höhe von geschätzten 130.000 Euro. Diese Ausnahme-Erlaubnis gibt es in diesem Jahr nicht mehr.

Das Spiel muss in jedem Fall in einem der Stadien stattfinden, das der gastgebende Klub vorher beim DFB gemeldet hat. Von dieser Regelung machte Atlas Delmenhorst 2019 Gebrauch, als der Klub Werder Bremen zugelost bekam. Er hatte das Weser-Stadion vorher als Ausweichstadion gemeldet, durfte umziehen, trat dort aber als Heimmannschaft an.

Somit wäre für den BSV der Umzug ins Weserstadion die attraktivste Lösung. Aber auch da gibt es große Tücken, die vor allem in den hohen Kosten für die Stadionmiete sowie die Sicherheits- und Hygienemaßnahmen liegen. Die können bei schlechtem Verkauf die Einnahmen übersteigen, wie es der FC Oberneuland trotz fast 20.000 Zuschauern 2012 gegen Borussia Dortmund erlebte.

Zuschauerzahl ungewiss

Diesmal ist noch nicht einmal klar, wie viele Zuschauer überhaupt ins Stadion dürfen. Laut der Absprachen zwischen den Bundesländern sind theoretisch zwar bis zu 20.000 Zuschauer möglich, bei Einhaltung der Abstände von 1,5 Metern wären es aber wesentlich weniger. Auch eine TV-Liveübertragung würde die Kalkulation nicht grundlegend beeinflussen, da die TV-Einnahmen der ersten Runde gleichmäßig an alle Teilnehmer verteilt werden. So muss das fünfköpfige Organisationsteam des BSV auch weniger attraktive Varianten prüfen, wie den Umzug auf Platz 11 des Weser-Stadions.

Diese Überlegungen verfolgt man auch in München. So wird bereits spekuliert, ob es sich der Bundesliga-Krösus etwas kosten lassen würde, das erste Saisonspiel auf einem möglichst guten Rasen in einem Bundesliga-bewährten Stadion auszutragen – zumal es das erste Pflichtspiel des neuen Bayern-Trainers ist.

„Fast noch mehr als auf das Spiel würde ich mich auf einen Plausch von fünf oder zehn Minuten mit dem neuen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann freuen“, sagte BSV-Trainer Benjamin Eta bei fußball.de. „Er ist für mich schon jetzt der beste Trainer in Deutschland.“

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