Bremens Trainer Schaaf will nicht mehr: Wenn Werder-Profis weinen
Werder Bremen betont, die Trennung vom Trainer sei einvernehmlich gewesen. Aber der Verein ohne Thomas Schaaf ist schwer vorstellbar.
BREMEN taz | Am Ende ging alles ganz schnell. Gerade nachdem der Klassenerhalt nach zäher Pünktchensammelei doch noch geschafft war und sich alle auf eine genauso zähe Analyse der verkorksten Saison eingestellt hatten, war der Spuk plötzlich vorbei.
„Wir haben wie angekündigt in den vergangenen Tagen unsere sportliche Entwicklung analysiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir einen Neuanfang wagen wollen“, begründete Geschäftsführer Thomas Eichin den Schritt, sich von Cheftrainer Thomas Schaaf nach 14 Jahren zu trennen.
Eichin war es besonders wichtig, die Einvernehmlichkeit der Entscheidung herauszustreichen. "Wir haben das sehr, sehr professionell und harmonisch gelöst", sagte er am Mittwoch und erklärte: „Es ist kein Rücktritt, es ist eine Trennung in beiderseitigem Einvernehmen.“ Die Vereinsführung sei „nicht glücklich darüber, dass es so eine Entwicklung genommen hat“.
Für Thomas Schaaf gibt es kaum einen besseren Zeitpunkt als diesen für eine Neuorientierung. Zu seinem Meistertitel, seinen drei Pokalsiegen und sechs Champions-League-Teilnahmen kam in den letzten Wochen noch ein ganz besonderer Triumph hinzu: Er wurde trotz akuter Abstiegsgefahr von den Fans nicht ausgepfiffen, sondern bejubelt.
Integrität und Verantwortungsgefühl
Der Jubel war Ausdruck des großen Respekts, den der gebürtige Mannheimer, der seit 1972 Werder-Mitglied ist, als Mensch an der Weser genießt. Möglicherweise waren es gerade diese Integrität und das Verantwortungsgefühl für Fans, Verein und Mitarbeiter, die ihn so lange zögern ließen, von sich aus das Weite zu suchen – wie Klaus Allofs, der ihn im Februar mit einem unausgewogenen Kader und einer Menge Baustellen sitzen ließ.
Nach Allofs Abgang übernahm Schaaf auch noch die Aufgabe des Kommunikators, der die Werder-Welt erklärte. Als sich nach dem letzten Heimspiel von Werder Bremen gegen Eintracht Frankfurt wie üblich die heimischen Journalisten um ihn scharten, war ihm trotz des gerade gesicherten Klassenerhalts nicht nach Feiern zu Mute. Im Gegenteil – er versuchte das seit Längerem angespannte Verhältnis zu den Medien, besonders denen aus dem Hause Springer, nicht mehr zu überspielen, sondern beendete nach ein paar knappen Antworten die Fragestunde von sich aus. Das Spiel ist aus, signalisierte er. Endgültig, wie man seit heute weiß.
Man wird in Bremen kaum jemanden finden, der Thomas Schaaf nicht das Beste für die Zukunft wünschen würde. „Der ein oder andere Spieler hat auch eine Träne verdrückt“, sprach Stürmer Niels Petersen für alle. „Das ist ein besonderer Tag heute, aber irgendwann musste er ja kommen.“ Die meisten wünschen ihm wohl, dass er erst einmal eine Auszeit nimmt, um sich von 14 Jahren Bundesliga-Stress zu erholen. Andere bringen den Österreich-Fan mit Red Bull Salzburg in Verbindung, wo er neben guten Kontakten auch Immobilien besitzen soll.
Cheftrainer gesucht
Werder Bremen hat sportlich und finanziell in den letzten drei Jahren den Anschluss an die Spitze verloren. Mit dem Geschäftsführer Thomas Eichin und Sportdirektor Frank Baumann stehen nun zwei Nachwuchsmanager in der Verantwortung, die den Neuaufbau unbelastet vorantreiben können. Sie müssen in den nächsten Wochen nicht nur den Posten des Cheftrainers, sondern auch den des Nachwuchschefs neu besetzten, da auch Uwe Harttgen vor ein paar Tagen seinen Schreibtisch räumen musste.
Als Blaupause für die Suche nach einem neuen Cheftrainer gilt Braunschweigs Aufstiegscoach Torsten Lieberknecht. Im Gespräch sind die Namen Holger Stanislawski (1. FC Köln), Ralph Hasenhüttl (VfR Ahlen), Mehmet Scholl und Norbert Meier (Fortuna Düsseldorf). Egal wer es wird – er tritt in einen langen Schatten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert