„Bravo“ wirbt für Bundeswehr: Abenteurer in Uniform
Das Jugendmagazin „Bravo“ hilft der Bundeswehr bei der Rekruten- und Imagewerbung. Von der harten Einsatzrealität findet sich keine Spur.
„Action, Adrenalin, Abenteuer! Die Herausforderung deines Lebens wartet auf dich! Bundeswehr-Adventure Camps 2012“ – mit diesem Slogan wirbt die deutsche Armee aktuell in einem Video auf dem YouTube-Kanal der Bravo, des bekanntesten deutschen Jugendmagazins. Auch auf den Websites von Bravo und Bravo Sport wird für die zwei „Adventure Camps“, Bundeswehr-Ferienlager bei der Luftwaffe auf Sardinien und den Gebirgsjägern in den Berchtesgadener Alpen, geworben.
„Liebst du das Abenteuer? Suchst du die Herausforderung? Bist du topfit?“, werden die jungen Leser dort gefragt. Die Bundeswehr verspricht bei den Camps im Oktober „krasse Wasserwettkämpfe“, „crazy Strandspiele“ und „Lagerfeuer-Partys“ an einer „coolen Bundeswehrhütte“ – „Und das Beste daran: für den Spaß musst du absolut nichts bezahlen!“ Von der harten Einsatzrealität und Informationen über Risiken einer möglichen späteren Tätigkeit bei der Bundeswehr: keine Spur.
Kinderrechtler finden die Armeewerbung auf den Internetauftritten der Bravo auch aus folgenden Gründen inakzeptabel: „Die Bundeswehr sollte sich bei ihrer Nachwuchswerbung auf Erwachsene beschränken und nicht Kinder und Jugendliche locken, die leicht beeinflussbar sind und kaum einschätzen können, was eine Verpflichtung und die damit verbundenen Auslandseinsätze für sie bedeuten können – schon gar nicht, wenn sie darüber nicht informiert werden“, so Ralf Willinger, Referent für Kinderrechte bei terre des hommes Deutschland. Für ihn ist es zudem unverständlich, dass die Bravo als eines der größten deutschen Jugendmedien diese einseitige Bundeswehrwerbung bei ihren jungen Lesern unterstützt.
Spiele, Party, kostenlos
Die Kernzielgruppe der Bravo-Website gibt die herausgebende Bauer Media Group mit Teenagern im Alter von 12 bis 19 Jahren an. Den Werbenden wird ein „positiver Imagetransfer durch die hohe Markenbekanntheit der Bravo“, hohe Glaubwürdigkeit und Akzeptanz in der Zielgruppe sowie ein passendes redaktionelles Umfeld für die eigene Marke geboten.
Katrin Hienzsch, PR-Referentin der Bauer Media Group, sieht in der Armee-Werbung kein Problem: „Weshalb sollte die Bundeswehr als Teil unserer demokratischen Gesellschaft nicht in Bravo werben?“ Sie verteidigt die Kooperation mit der Armee, die immerhin seit einem Jahr auf freiwillige Wehrdienstleistende angewiesen sei: „Darüber hinaus ist die Bundeswehr ein interessanter Arbeitgeber und bildet in verschiedenen Berufszweigen aus.“
„Abgefuckte Propaganda“
Doch nicht alle Kinder und Jugendliche scheinen sich von der fetzigen Armeewerbung begeistern zu lassen. In den Kommentarspalten auf dem Bravo-YouTube-Kanal finden sich zu der Bundeswehrwerbung auch kritische Töne: „Kriegshetze jetzt schon bei der Bravo? Armes Deutschland! Die Propagandamaschinerie der Bundeswehr geht mir so auf den Sack!“ Ein anderer schreibt: „Verpisst euch mit dieser abgefuckten Propaganda, und dann noch irgendwelchen Jugendlichen sowas versuchen schmackhaft zu machen, einfach widerlich!“
Die Kinderrechtler von terre des hommes haben mittlerweile eine Onlinepetition eingerichtet, mit der die Unterzeichner gegen die „Bundeswehr-Adventure Camps“ protestieren können. Adressaten sind die Bauer Media Group und das Bundesverteidigungsministerium. Der Appell: Man möge doch künftig bitte darauf verzichten, in Kinder- und Jugendmedien „irreführende Werbeaktionen für die Bundeswehr durchzuführen, die die Gefahren des Soldatenberufs verharmlosen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen