Brasilien vor der WM: Toter bei Ausschreitungen in Favela
In einem Slum in Rio de Janeiro bekriegen sich Gangs und Polizei. Anlass ist der Tod eines bekannten Tänzers. Bei den Unruhen wird ein Mann erschossen.
RIO DE JANEIRO ap | Bei schweren Ausschreitungen in einem Slum in Rio de Janeiro ist ein Mensch ums Leben gekommen. Ein zwölfjähriger Junge wurde zudem angeschossen, wie die Zeitung O Globo unter Berufung auf Vertreter der Gesundheitsbehörde berichtete.
Aus Wut über den Tod eines anderen Favelabewohners zogen zuvor Dutzende junger Männer am Dienstag los und schleuderten selbst gebaute Sprengsätze auf eine belebte Straße im Touristengebiet an der Copacabana. Zudem legten sie Feuer und warfen mit Flaschen und anderen Gegenständen.
Als eine Eliteeinheit der Polizei dann in den Slum Pavao-Pavaozinho einrückte, waren Schusswechsel zu hören. Wer die Schüsse auf das Todesopfer abgab, war zunächst unklar. Die Polizei gab zunächst keine Stellungnahme ab. Die betroffene Gegend ist nur wenige Hundert Meter von Spielstätten für die Olympischen Spiele 2016 entfernt. Durch den Gewaltausbruch wurde der Verkehr auf mehreren Hauptstraßen der brasilianischen Metropole lahmgelegt.
Hintergrund der Unruhen ist der Fund einer Leiche eines 25-Jährigen in dem Slum. Bei dem jungen Mann handelte es sich um einen bekannten Tänzer in einer Fernsehshow des größten Senders Globo. Die Hintergründe seines Todes sind bislang unklar, doch machten die Demonstranten die Polizei dafür verantwortlich.
„Die Polizei hat meinen Freund zu Tode geprügelt, genauso wie sie in anderen Vierteln gefoltert und getötet haben“, sagte ein Bewohner von Pavao-Pavaozinho, Johanas Mesquita. „Diese Bemühungen zur Befriedung der Favelas sind fehlgeschlagen, die Polizeigewalt ersetzt doch nur, was die Drogengangs vorher getan haben.“
Vor der Fußballweltmeisterschaft im Juni haben Sicherheitskräfte im großen Stil Verbrecherbanden aus Slums in Rio hinausgedrängt. Bislang sind auf diese Weise 37 „polizeilich befriedete Gebiete“ in einem von 1,5 Millionen Menschen bewohnten Areal entstanden. Die Gangs schlagen jedoch mit Attacken auf Polizeiposten zurück. Zudem klagen Menschen in den Favelas immer wieder über das übermäßig harte Vorgehen von Beamten, das oft zum Tod von Slumbewohnern führe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!