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Brandenburger PossenKampfhund sorgt sich um Kind

Ein Hund schmust am liebsten mit seinem besten Freund Dylan. Der Zehnjährige liegt im Wachkoma. Nun will Brandenburg den Hund kassieren, weil er gefährlich sei.

Die will nur spielen, oder? Hundedame Tascha samt Besitzerin. Bild: dpa

BERLIN dpa | Seit der Geburt liegt der zehn Jahre alte Dylan im Wachkoma. Ein Kampfhund ist der beste Freund des Schwerstkranken aus dem brandenburgischen Schönwalde/Glien (Havelland). Videos zeigen: Der sechs Jahre alte American Staffordshire Tascha leckt dem Jungen zärtlich die Hand oder legt seinen braunen Fellkopf auf den Arm. Aber: In Brandenburg gilt der Hund als gefährlich. Das zuständige Ordnungsamt will ihn aus der Familie nehmen. Dagegen formiert sich zehntausendfacher Widerstand im Internet. Doch es gibt Hoffnung für die beiden ungewöhnlichen Freunde.

Dylan liegt im Wachkoma und wird künstlich beatmet. "Wenn Tascha beim ihm liegt, wird der Junge viel ruhiger, Puls und Atmung entspannen sich", sagt Vater Eckhard Gerzmehle. Der Vierbeiner kam als Welpe in die Familie, die damals in Berlin lebte. Am Anfang hatte niemand gewusst, zu welcher Rasse er gehört. Als das dann klar war, wurde unter anderem der Hundeführerschein gemacht.

Mit dem Umzug von Berlin nach Brandenburg vor zwei Jahren änderte sich die Lage. Offiziell ist Tascha nun gefährlich. Als er kürzlich vom Grundstück rannte und einen anderen Hund verletzte, griff das zuständige Ordnungsamt durch. Der Hund muss die Familie verlassen. So schreibt es das Gesetz vor. Notfalls sollte er auch beschlagnahmt werden.

Diese Geschichte ließ den Berliner Feuerwehrmann Jürgen Töpfer nicht los. Spontan startete er vor einer Woche eine Aktion im sozialen Netzwerk Facebook. "Innerhalb von zwei Stunden kamen bereits 2000 Likes", sagt er. Bis Donnerstagmittag waren es rund 84 000. "Ich bin überwältigt", sagt der 48-jährige, der selbst Vater ist. Seit der Übersetzung der Seite ins Englische kommen auch Kommentare aus England, Amerika und asiatischen Ländern.

Im Ringen um das Bleiberecht für Tascha wird die Familie von der Erna-Graf-Stiftung für Tierschutz unterstützt. Vorsitzender Eisenhard von Loeper hofft auf ein Einsehen der zuständigen Behörde. "Der Junge braucht Tascha", betont er.

Die Hundehalterverordnung lässt nach Angaben von Bürgermeister Bodo Oehme (CDU) keinen Spielraum, bietet aber Ausnahmen. Nach Paragraph 15 fallen Blindenführ- und Behindertenbegleithunde darunter. Oehme erwartet nun bis Montag entsprechende Bestätigungen der Familie. "Die Entscheidung über Taschas Zukunft wird dann zeitnah getroffen", kündigt er an.

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5 Kommentare

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  • G
    gast

    In Deutschland regiert der Satz, Vorschrift ist Vorschrift und wenn es dabei um Menschlichkeit geht sind die hilflos, sie müssen ihrem Herrn (Staat) bedingungslos gehorchen.

     

    Menschlichkeit darf hier nicht mehr möglich sein. Es ist zum Ko....

  • B
    Bastler4711

    @Beppo

     

    Das ist gut beobachtet, aber trotzdem zu kurz gegriffen.

     

    Auch der Löwe ist prinzipiell friedlich und würde nie ein anderes Tier angreifen. Erst der Kapitalismus macht ihn zur Bestie.

  • Es gibt keine Hunde, die gefährlich geboren werden. Gefährlich macht sie der Mensch. Gut sozialisiert habe ich noch keinen "Kampfhund" kämpfen sehen.

  • G
    Gast

    Ähm, jaaa, Hunde gehen auf einander los und verletzen sich dabei auch mal. Was ist daran so ungewöhnlich? Rangkämpfe, Revierverteidigung, was auch immer der Auslöser war. Ich find es unmöglich, dass ein einziger Vorfall ausreicht, um sowohl dem Jungen als auch dem Hund das soziale Umfeld zu zerreissen. Muss sich ja keiner Gedanken darüber machen, was mit den beiden dann passiert. Therapeutische Wirkung von Tieren ist ja, so meine ich zu wissen, bereits nachgewiesen. Also, was würde man Dylan nehmen?

    Und was würde aus der Hündin?

    Schonmal was davon gehört, dass Tiere sich auch eng an ihre Familie binden und unter Verlusten leiden? Was könnte die Folge sein? Ein möglicherweise versauter, agressiver Hund, dem man dann nur noch die Spritze geben kann. Wenn man an ihn ran kommt. Alternativ bleibt noch ne Kugel. Insgesamt Pfui Teufel. Armer Junge, armer Hund.

    • @Gast:

      Gebe ihnen vollkommen Recht.

      Ergänzend nur noch.Armer Junge, armer Hund,armes Deutschland.