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Brandenburger BodenEnteignungen entzweien Brandenburg

Der Skandal um die Enteignung von Bodenreformland-Erben belastet die große Koalition. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Linke fordert Untersuchungsausschuss. Der Finanzminister gibt 10.000 unrechtmäßige Enteignungen zu.

Für Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (SPD) ist schon seit Montag Aschermittwoch. Im Zusammenhang mit der unrechtmäßigen Enteignung von Bodenreformland durch das Land Brandenburg (taz berichtete) drohen Speer jetzt der Besuch von der Staatsanwaltschaft, ein Untersuchungsausschuss im Potsdamer Landtag und Krach mit dem Koalitionspartner CDU. Kerstin Kaiser, Fraktionschefin der Linkspartei, sprach von einem "politischen Skandal", der "Konsequenzen" haben müsse. Zudem forderte die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum die Aufklärung durch das Parlament.

Insbesondere von der Staatsanwaltschaft dürften Speer und die Landesregierung mit harten Fragen konfrontiert werden. Man prüfe derzeit ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen das Land, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam. Konsequenzen "bis in die Ministerialbürokratie und die Regierung" seien denkbar. Landesweit gebe es rund 10.000 Fälle, in denen das Land Ansprüche gegen unbekannte Erben durchgesetzt habe.

Hintergrund der Aufregung ist das in der letzten Woche veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Darin wirft der BGH den Brandenburgern vor, Bodenreformland-Erben um ihren Nachlass geprellt und sich Grundstücke stillschweigend übertragen zu haben. Erben von Bodenreformbauern aus Genschmar hatten vor dem BGH geklagt, weil sie erfuhren, dass ihr Erbgrundstück sich nicht in ihrem, sondern im Besitz des Landes Brandenburg befand.

Der BGH bezeichnete die Enteignung der Erben als "sittenwidrig". Brandenburg besitze keine Vertretungsansprüche. Es habe sich auf eine Art und Weise Grundstücke unter den Nagel gerissen, "die nachhaltig an die Praxis der Verwalterbestellung der DDR erinnert". 1945 war in der Sowjetischen Besatzungszone der Großgrundbesitz an Reformbauern aufgeteilt worden.

Speers federführende Verwaltung steht seither unter Druck, zumal der Finanzminister am Wochenende zugeben musste, dass es rund 10.000 Grundstücke gebe, in denen das Land seit 1996 Ansprüche gegen - angeblich unbekannte - Erben durchgesetzt habe. Bei 1.000 laufenden Verfahren, so Speer, wolle er jetzt die Anträge auf Eintragung ins Grundbuch zurückziehen. Welche Regelung bei den restlichen 9.000 Fällen angestrebt wird - ob etwa Entschädigung gezahlt werden muss -, ist noch nicht bekannt. Laut Speer gab es in der Vergangenheit rund 80.000 Bodenreformfälle.

Linksfraktions-Chefin Kaiser forderte am Montag, das Thema in einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses in der kommenden Woche zu behandeln. Die Linke sehe auf den Landeshaushalt unabsehbare Schadenersatzansprüche zukommen. Außerdem müsse geklärt werden, ob ein Untersuchungsausschuss eingerichtet werden soll, so Kaiser.

Auch der Koalitionspartner CDU geht immer weiter auf Distanz zu Speer: CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek forderte, alle Fragen müssten in den zuständigen Ausschüssen beantwortet werden. Hier stehe das Finanzministerium in der Pflicht. Erst danach könne die Einberufung eines Untersuchungsausschusses im Parlament erwogen werden.

Sein CDU-Parteikollege Dierk Homeyer sieht in dem Vorfall einen geradezu systematischen Rechtsbruch. Er rügte Speers unakzeptablen Umgang mit dem "Enteignungsskandal". "Statt sich zu entschuldigen, zieht der Minister über den BGH her." Bereits letzte Woche hatte CDU-Innenminister Jörg Schönbohm sich "bestürzt" in Richtung Speer über die Enteignungspraxis und das BGH-Urteil gezeigt.

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