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Brandanschlag in Berlin-NeuköllnTatverdächtiger wird Opfer

In Neukölln wurde offenbar das Auto eines AfD-Lokalpolitikers angezündet. Dieser ist selbst verdächtig, in Brandstiftungen verwickelt zu sein.

Im Süden Neuköllns gab es in den letzten Jahren mehrere Brandanschläge Foto: dpa

Die Polizei hat nach eigenen Angaben in der Nacht zu Donnerstag im Neuköllner Ortsteil Rudow einen Mann festgenommen, der kurz zuvor das Auto eines AfD-Lokalpolitikers angezündet haben soll. „Eine zufällig vorbeifahrende Streife hat drei Männer dabei beobachtet, wie sie auf Fahrrädern immer wieder um den Häuserblock gefahren sind“, so ein Polizeisprecher zur taz.

Die Streife habe die drei Männer daraufhin beobachtetet und gesehen, dass diese sich an einem in einem Hinterhof geparkten Auto zu schaffen machten. Anschließend hätten sie die drei mit dem Auto verfolgt und wenig später einen der drei Männer festnehmen können. Erst bei der Rückkehr hätten die Zivilbeamten gemerkt, dass das Auto in Flammen gestanden habe. Nun ermittelt der Staatsschutz. Der 39-jährige Tatverdächtige wurde nur vorübergehend festgenommen.

Bei dem Geschädigten handelt es sich nach taz-Informationen um Tilo Paulenz, Mitglied im Neuköllner Kreisvorstand der AfD. Paulenz steht selbst im Verdacht, an mindestens einer Brandstiftung im vergangenen Jahr in Neukölln beteiligt gewesen zu sein, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern aber noch an. Neukölln wird seit Jahren von einer Serie offenbar rechtsextrem motivierter Brandanschläge erschüttert. Bisher gab es dabei aber keine Festnahmen, obwohl Polizei und Verfassungsschutz im letzten Jahr offenbar bereits vor den Anschlägen von entsprechenden Planungen wussten, wie kürzlich taz-Recherchen zeigten.

Die AfD reagierte empört auf die Tat. „Die Gewaltspirale gegen die #AfD dreht sich weiter“, so der Landesvorsitzende Georg Pazderski auf Twitter. „Die linksradikalen Brandstifter stehen den rechtsradikalen offenbar in nichts nach“, sagte Parteisprecher Ronald Gläser der taz.

Der Kreisvorstand der AfD Neukölln will sich gegenüber der taz grundsätzlich nicht zur Causa Tilo Paulenz äußern. Dieser soll bereits 2003 in Neukölln an einem gewalttätigen Überfall auf migrantische Jugendliche beteiligt gewesen sein. Der taz vorliegende Informationen der Sicherheitsbehörden zeigen, dass Paulenz in Neukölln offenbar mit dem Neonazi Sebastian Thom eng zusammenarbeitet, der bis 2016 Kreisvorsitzender der NPD war. „Die AfD-Mitgliedschaft von Herrn Paulenz ist derzeit Gegenstand intensiver Debatten im Landesvorstand“, so AfD-Sprecher Gläser zur taz.

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4 Kommentare

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  • Zufall - oder staatliche Betreuung für Neuköllner Rechtsterroristen?

    www.antifainfoblat...äge-unter-aufsicht

  • Nachdem das "unter Verdacht stehende", aber nicht angeklagte Opfer mit vollem Namen genannt wurde, fände ich es nur angemessen, den diesmal festgenommenen Mann, der das Auto abgefackelt hat, auch mit vollem Namen zu nennen.

    Oder eben beide nicht, wie es eigentlich im Journalismus in Deutschland bisher üblich war.

    • @Huck :

      Tilo Paulenz, Mitglied im Kreisvorstand der AfD Neukölln, ist eine Person des öffentlichen Lebens und somit eine vollständige Nennung des Namens sowohl nach journalistischem Kodex üblich als auch von Rechts wegen zulässig.



      Über den jetzt Tatverdächtigen ist mir nichts dergleichen bekannt.

      • @BakuninsBart:

        "@Huck Tilo Paulenz, Mitglied im Kreisvorstand der AfD Neukölln, ist eine Person des öffentlichen Lebens und somit eine vollständige Nennung des Namens sowohl nach journalistischem Kodex üblich als auch von Rechts wegen zulässig."

        Das stimmt nicht. Der BGH unterschied zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte. Absolut: Boris Becker und Frau Merkel. Relativ: Kandidaten für die Bürgermeisterwahl. Über letztere durfte mit Namensnennung nur im Kontext der Bürgermeisterwahl berichtet werden.

        Kreisvorstandsmitglieder beliebiger Parteien gibt es Tausende. Die stehen nicht beliebig zur Namensnennung zur Verfügung.