Brandanschläge auf Flüchtlingsheime: Nachweislich rechtsmotivierte Täter
Vergangenes Jahr registrierte die Polizei 203 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte – ein Anstieg um 120 Prozent. Dienstagnacht brannte erneut ein Heim.
BERLIN taz | Erneut ist in Deutschland eine Flüchtlingsunterkunft in Brand gesteckt worden – Tröglitz ist auch in Rheinland-Pfalz. Unbekannte haben in der Nacht zum Mittwoch eine Containerunterkunft im pfälzischen Limburgerhof angezündet, die sich noch im Bau befand. Verletzt wurde dabei niemand. In dem Gebäude sollen neun Doppelzimmer für maximal 18 Asylsuchende entstehen. Die Polizei untersuche einen möglichen fremdenfeindlichen Hintergrund, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
„Wir ermitteln in alle Richtungen“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber. Es bestehe unter anderem der Verdacht auf vorsätzliche Brandstiftung. Bei dem Feuer entstand ein Schaden von rund 50.000 Euro. Nach ersten Erkenntnissen hatten die Täter einen auf einem Flachdach abgelegten Stapel mit Bitumenrollen in Brand gesetzt. Das Feuer habe sich dann auf andere Teile des Daches ausgebreitet. Zeugen hätten um kurz nach zwei Uhr nachts einen schwarzen Kleinwagen bemerkt, der mit quietschenden Reifen vom Tatort davongefahren sei.
Die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sind im vergangenen Jahr stark angestiegen. Insgesamt 203 Angriffe registrierte die Polizei im vergangenen Jahr. Dies sei ein Anstieg von 120 Prozent, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der am Mittwoch die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität vorstellte.
175 der Angriffe hätten nachweislich rechtsmotivierte Täter verübt. „Der Anstieg macht uns große Sorgen“, sagte de Maizière. Er verwies zudem darauf, dass die rechte Szene 2014 weiterhin versucht habe, die öffentliche Debatte über Einwanderung für fremdenfeindliche Agitation zu nutzen. De Maizière sagte, es müsse klar sein, dass jeder sicher und unbehelligt in Deutschland leben kann. Hierfür bedürfe es eines gesellschaftlichen Konsenses.
Propagandadelikte und Sachbeschädigungen
Laut Polizeistatistik ist die Anzahl der rechtsextremen Straftaten insgesamt „auf hohem Niveau“ gleichgeblieben. 17.020 solcher Straftaten, meist Propagandadelikte und Sachbeschädigungen, wurden verübt. Stark angestiegen aber ist die Anzahl der rechtsmotivierten Gewalttaten: 1.029 solcher Straftaten, vor allem Körperverletzungen, registrierte die Polizei 2014 und damit fast 23 Prozent mehr als im Vorjahr.
Stark zugenommen hat auch die Hasskriminalität. Im vergangenen Jahr wurden fast 4.000 rassistische und 1.600 antisemitische Straftaten verübt. Straftaten, so der Innenminister, richteten sich gezielt gegen Kirchen, Synagogen und Moscheen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um mehr als ein Fünftel bei den rassistisch motivierten Straftaten, bei denen, die aus Antisemitismus begangen werden, sogar ein Anstieg um ein Viertel.
„Das ist die höchste Anzahl solcher Taten seit der Einführung der Definition im Jahr 2001“, sagte de Maizière. „Diese Entwicklung muss gestoppt werden.“ Der Innenminister verwies darauf, dass hier die gesamte Gesellschaft gefordert sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte