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Boualem Sansal begnadigtMerci, Berlin

Der in Algerien inhaftierte algerisch-französische Schriftsteller Boualem Sansal ist begnadigt worden. Auch dank deutscher Hilfe.

Druck aus Deutschland führte maßgeblich zu Freilassung von Boualem Sansal, hier bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters
Rudolf Balmer

Aus Paris

Rudolf Balmer

Der in Algerien zu fünf Jahren Haft verurteilte Schriftsteller Boualem Sansal ist auf deutsches Drängen hin aus gesundheitlichen Gründen von Präsident Abdelmadschid Tebboune begnadigt worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte seinen algerischen Amtskollegen gebeten, den über 80-jährigen, an Krebs erkrankten Autor aus humanitären Gründen zu begnadigen.

Mit der nun angekündigten Begnadigung erreichte Steinmeier, was weder Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch dessen Minister oder ein Solidaritätskomitee aus Verlegern, Autoren und Intellektuellen durchsetzen konnten. Die deutsche Regierung bot zudem an, Sansal für eine medizinische Behandlung sofort nach Berlin zu bringen.

Sansal hatte das algerische Regime und den Einfluss von Islamisten wiederholt kritisiert. Besonders schwer wog sein Satz, einige Gebiete Algeriens gehörten eigentlich zu Marokko. Diese Äußerung, die er in einem Interview mit der rechtsnationalen Zeitschrift Frontières machte, wertete man als schweres Vergehen „gegen die Einheit der Nation“ sowie gegen die territoriale Integrität und Sicherheit. Bei einem Besuch in seiner Heimat wurde er im November 2024 festgenommen und in Untersuchungshaft genommen, die für den betagten Autor bereits zermürbend war. Im Juli verurteilte ihn ein Berufungsgericht zu fünf Jahren Haft ohne Bewährung.

Seit mehr als einem Jahr sind die Beziehungen zwischen Paris und Algier sehr gespannt. Streitpunkte sind die verschärfte französische Visa- und Einwanderungspolitik sowie Macrons Unterstützung Marokkos im Konflikt um die Westsahara, an die auch Algerien Ansprüche meldet. In diesem politischen Klima wurde Sansal zum Spielball oder gar Verhandlungsobjekt.

Sansal, der 2011 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, zählt zu den engagierten und oft provokanten Autoren. Viele seiner Werke sind ins Deutsche übersetzt. Seine Kritik an der Arabisierung Algeriens auf Kosten der französischen Sprache und Kultur führte dazu, dass ihn Frankreichs extreme Rechte für ihre Zwecke vereinnahmte. Sansal distanziert sich jedoch von dieser Instrumentalisierung und der damit verbundenen antimuslimischen Ideologie.

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