Bomben in Kundus: Guttenberg will Stellung nehmen
Verteidigungsministerium kündigt Bewertung des Nato-Berichts zum Luftangriff an. Die Nato sagt: Deutsche sollen selbst entscheiden, was sie vom Bericht preisgeben.
BERLIN taz | Die Aufklärung über die Bomben auf Tanklaster in Kundus schreitet voran – in kleinen Schritten. Am Mittwoch erklärte der Sprecher von Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU), dessen eigene Bewertung des Nato-Berichts zum Luftangriff vom 4. September liege nun vor. Der Minister wolle davon jedoch "zunächst das Parlament unterrichten" – und dann erst die Öffentlichkeit.
Eine mögliche Gelegenheit für die Parlamentsunterrichtung wäre zum Beispiel eine Sitzung des Verteidigungsausschusses am kommenden Mittwoch – wenn bis dahin die Ausschüsse des Bundestags konstituiert sind. Diesen Termin wollte Guttenbergs Sprecher aber nicht bestätigen.
Der Bericht ist von der Nato als geheim eingestuft. Ein Exemplar liegt ausgewählten Abgeordneten in der Geheimschutzstelle des Bundestags zur Ansicht vor. Guttenberg hat die Nato zwar gebeten, eine veröffentlichungsfähige Version des Berichts nachzuliefern.
Doch auf taz-Anfrage im Hauptquartier der Isaf-Truppen in Kabul erklärte ein dortiger Sprecher: "Der Bericht ist geheim. Geheim ist geheim. Operation ist Operation." Alles Weitere – und damit wohl auch die Erstellung einer veröffentlichungsfähigen Version - "ist Sache der Deutschen". Aus anderen Quellen hieß es, Deutschland habe übrigens viel eigenen Einfluss und einige hochrangige Generäle in der Nato und brauche nicht zu "bitten".
Die Abgeordneten, die den Bericht seit Montag einsehen konnten, stimmen überein, dass einiges davon geheimhaltungsbedürftig ist - wo es etwa um afghanische Informanten geht, die geschützt werden müssen. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, hatte in seiner ersten Stellungnahme am Donnerstag darauf abgehoben, dass der Bericht von der verschärften Sicherheitslage in Kundus handle und dass Oberst Kleins Verhalten vor diesem Hintergrund militärisch "angemessen" gewesen sei – trotz etwa 30 ziviler Todesopfer.
Der Verteidigungsexperte der Linksfraktion, Paul Schäfer, sagte zur taz, der "Fokus des Berichts" liege jedoch darauf, inwiefern Einsatzregeln gebrochen wurden. Schäfer zweifelte daran, dass durch die im Bericht gemachten Vorschläge zu besserem Training und detaillierteren Regeln in Zukunft derartige Vorfälle vermieden würden. "Wenn die Regeln – wie offenbar in Kundus geschehen – schlicht missachtet werden, hilft auch deren Präzisierung nichts", sagte er.
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