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„Bodenreport“ und sinkende ArtenvielfaltVerdecktes Artensterben

Das Bundesamt für Naturschutz warnt im „Bodenreport“ vor dem Verlust der Artenvielfalt. Wichtige Würmer und Pilze seien vom Aussterben bedroht.

Was auf dem Waldboden wächst, ist meist bekannt – was weiter unten lebt, dagegen oft nicht Foto: Malte Kreutzfeldt

Berlin taz | Zahlreiche Arten von Regenwürmern, Asseln, Doppelfüßern oder Laufkäfern sind vom Aussterben bedroht. Davor warnt der neue „Bodenreport“ des Bundesamtes für Naturschutz, der am Montag veröffentlicht wird. Weil Würmer, Pilze und Co überwiegend versteckt im Boden leben, nehme die Öffentlichkeit von diesem „verdeckten Artensterben“ kaum Notiz – obwohl sie etwa für die Fruchtbarkeit des Bodens und seine Fähigkeit, Kohlenstoff und Wasser zu speichern, immens wichtig seien.

Die Autoren des Reports fordern daher, es müsse stärker als Aufgabe des Naturschutzes begriffen werden, das Bodenleben zu fördern. Außerdem müsse es für Landwirte wieder selbstverständlicher Bestandteil ihrer Arbeit sein, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Dazu bietet der Bodenreport einen umfassenden Maßnahmenkatalog an. Beispielsweise sollten Landwirte auf schonende Bearbeitungsmethoden setzen und leichte und bodenschonende Technik einsetzen; der Boden müsse ganzjährig von heimischen Pflanzen bewachsen werden, blühende und mehrjährige Pflanzen sollten sich auf den Äckern finden.

Auch sei eine neue Regulierung des Bodenmarktes nötig: Weil inzwischen 44 Prozent der Ackerfläche der EU Pachtland mit zum Teil kurzen Laufzeiten sei, hätten die Landwirte kein Interesse, langfristig in die Fruchtbarkeit des Bodens zu investieren. Pachtverträge in Generationenlänge und klare Vorschriften zum Erhalt des Bodenzustands – etwa seines Humusgehalts oder der Bodenverdichtung – seien deshalb sinnvolle Instrumente.

Der Report mahnt zudem eine intensive Forschungsarbeit an. „Die Datenlage zur Bodenbiodiversität ist auf allen ihren Ebenen (genetische Diversität, Artenvielfalt, Vielfalt an Lebensräumen) spärlich“, schreiben die Autoren. Demnach sind bislang weltweit nur 25 Prozent aller Regenwurm­arten bekannt sowie nur die Hälfte aller Ameisen- und Milbenarten. Bei den ganz kleinen Organismen sieht es noch düsterer aus: Nur etwa 6 Prozent der Pilze sind taxonomisch erfasst und beschrieben und nur 1 Prozent der Bodenmikroorganismen.

Gerade im Bereich der Bodenorganismen sei das Risiko groß, dass Arten verschwinden, bevor sie überhaupt entdeckt und beschrieben wurden. Die Bodenorganismen, die bereits seit Längerem in den bundesweiten roten Listen geführt werden, zeigten jedoch bereits den gleichen deutlich negativen Trend, der für die oberirdische Diversität in Agrarlandschaften festgestellt wird, heißt es in dem Report.

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2 Kommentare

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  • Seit einigen Jahren, ich glaube schon vor den Dürrejahren, fällt mir auf, dass bei Regen fast keine Regenwürmer mehr auf den Fußwegen zu sehen sind. Früher musste man Slalom laufen, um keine zu zertreten.

  • pachtvertrage die wie der artikel für die eu feststellt auf kosten der langfristigen bodenqualität gehen nehmen als eine form des landgrabbings durch die agroindustrie weltweit zu.



    gibt es vergleichbare auswirkungen auf die bodenqualität auch anderswo?wie hat sich zum beispiel die bodenqualität in afrikanischen ländern deren regierungen das land an die agroindustrie verpachten verändert?