Blutige Zusammenstöße in Indien: Tote bei religiösem Konflikt
Bei Auseinandersetzungen in Nordindien zwischen Hindus und Muslimen starben 28 Menschen. Die Armee entsendet Hunderte Soldaten.
NEU DELHI afp | Im Norden Indiens sind bei schweren Zusammenstößen zwischen Hindus und Muslimen 28 Menschen getötet worden. Die Armee entsandte am Montag hunderte Soldaten in mehrere Dörfer im Bundesstaat Uttar Pradesh, nachdem es dort am Wochenende blutige Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der beiden Religionsgruppen gegeben hatte. Uttar Pradeshs Ministerpräsident Akhilesh Yadav rief alle Bevölkerungsgruppen zur Ruhe auf und drohte zugleich mit hartem Vorgehen gegen weitere Unruhen.
Das Fernsehen zeigte Bilder von Patrouillen im am schlimmsten betroffenen Bezirk Muzaffarnagar rund hundert Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Neu Delhi. Ein hochrangiger Polizeibeamter sagte, bei den Zusammenstößen am Wochenende seien 28 Menschen getötet worden. Es habe 90 Festnahmen gegeben. Nach Entsendung der Armee sei die Situation nun wieder unter Kontrolle. Unter den Toten waren demnach auch ein Fernsehreporter und ein Polizeifotograf.
Auslöser der Auseinandersetzungen war Medienberichten zufolge ein Protest mehrerer tausend Hindus im Dorf Kawal gegen die Ermordung von drei Männern, die eingeschritten waren, als eine Frau bedrängt wurde. Auf dem Weg von der Kundgebung wurden die Bauern von anderen Dorfbewohnern angegriffen. Die Zusammenstöße breiteten sich daraufhin auf die benachbarten Dörfer aus, bevor die Armee zur Hilfe gerufen wurde. In dem ländlichen Bezirk sind 38 Prozent der Einwohner Muslime.
„Sie feuerten von den Feldern auf unsere Häuser und warfen bald auch Brandsätze“, sagte ein muslimischer Dorfbewohner der Zeitung Indian Express. „Mein Haus, mein Besitz und meine gesamten Ersparnisse sind verbrannt.“ Uttar Pradesh ist mit 200 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Bundesstaat Indiens. Es gibt dort immer wieder Unruhen zwischen Hindus und Muslimen, die insgesamt rund 13 Prozent der Bevölkerung des Bundesstaats ausmachen.
Die in Uttar Pradesh regierende säkulare Samajwadi-Partei warf den Hindu-Nationalisten von der Bharatiya Janata Partei (BJP) vor, die Spannungen durch aufrührerische Reden weiter angefacht zu haben. Der BJP-Politiker Hukum Singh wies dies zurück und warf der Regierung seinerseits vor, einen „Sündenbock“ zu suchen. Die BJP, der Kritiker seit Jahren Stimmungsmache gegen die muslimische Minderheit vorwerfen, bemüht sich vor den Parlamentswahlen 2014, wieder an Boden zu gewinnen.
Uttar Pradesh war Ende 1992 Schauplatz blutiger Unruhen, bei denen mehr als 2000 Menschen getötet wurden, die meisten davon Muslime. Auslöser war die Zerstörung der Babri-Moschee im Hindu-Pilgerort Ayodhya durch Hindu-Nationalisten. Diese glauben, dass die Moschee auf der Stelle eines früheren Hindu-Tempels stand, und setzen sich für die Errichtung eines neuen Tempels ein. Der Streit um Ayodhya führte im Februar 2002 erneut zu blutigen Unruhen mit mehr als 2000 Toten, die meisten erneut Muslime.
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