Blogger über Krieg in der Ukraine: Grenzwertige Gedankenspiele
Russlands Angriff auf eine Kyjiwer Kinderklinik führt zu erregten Debatten. Soll die Ukraine nicht doch den Krieg beenden, zu welchem Preis auch immer?
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Umka, die auf ihrem Instagram-Account viel über Kosmetik, Beziehungen, Kochen, Fitness und den Umgang mit ihrem Baby textet, sich dort viel in unterschiedlichen Outfits zeigt, hatte zuvor nie mit politischen Aussagen von sich reden gemacht.
Umso verwundeter waren viele ihrer Follower, dass sie nach dem russischen Angriff auf die Kinderkrebsklinik Ochmadyt am 8. Juli auf Instagram zu einem Ende des Krieges bei einem gleichzeitigen Verzicht auf die Grenzen von 1991 aufgerufen hatte. Die Ukrainer seien des Krieges müde, niemand brauche die Grenzen von 1991, so die Bloggerin.
Auch andere BloggerInnen wollen sich nicht an die offiziellen Erklärungsmodelle zur Genese des Krieges halten. So sieht die ukrainische Schauspielerin Natalia Denisenko den 8. Juli, als die Kyjiwer Kinderkrebsklinik beschossen worden ist, als einen kritischen Punkt im Spiel „Opfer – Tyrann“.
Eine einzige Frage
Es sei negative Energie, die zu diesem großen Krieg geführt habe, zitiert focus.ua die Frau. „Um das Spiel zu stoppen, müssen wir aus diesen Rollen, aus der Opferrolle herauskommen. Wir müssen uns verändern und etwas unternehmen“, so die Schauspielerin. „Die Energie von Aggression und Hass zerstört uns. (…) Liebt, fühlt nur die besten und hellsten Gefühle“, zitiert sie der Focus.
Leider erkläre die Schauspielerin nicht, so Artem Kalnitschenko im focus.ua, wie man Liebe und helle Gefühle empfinden könne, während russische Raketen auf friedliche Ziele abgeschossen werden und Kinder töten. Für den focus.ua hat Timur Sawin einige Reaktionen aus dem Netz zusammengetragen.
So fragt sich eine „Kesena.Blog“: „Stellen Sie sich nur eine einzige Frage, eine einzige Frage. Und beantworten Sie sie ehrlich. Sind Sie bereit, das Leben Ihrer Kinder, Ihrer Verwandten gegen die Grenzen von 1991 zu tauschen? Das ist alles. Wenn Sie nicht bereit sind, warum sollten es dann andere sein?“
„Es lässt sich gut reden, wenn dein Haus nicht in einem besetzten Gebiet ist“ meint eine „Ok.Olyakinash“ auf Instagram. „Ich brauche die Grenzen von 1991, weil ich nach Hause will.“ „Vereinbarungen mit Russland sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind“, meint die Bloggerin Ekaterina Polischtschuk. „Die Jungs tragen den ganzen Schmutz des Krieges, erleben den Tod ihrer Nächsten“, schreibt ein Leutnant Alex. Nun sei wirklich keine Zeit für „so einen Zirkus“, meint er.
Und ein Maxim Schorin, stellvertretender Kommandeur der 3. Sturmbrigade, ist der Meinung, für Aufrufe zum Frieden um jeden Preis sollte man entsprechend zur Verantwortung gezogen werden. Zumindest sollten besorgte Bürger hier erzieherische Maßnahmen vornehmen. Außerdem solle man die Rechtsschutzorgane einschalten. Nach einem ersten aufklärenden Gespräch müsste im Wiederholungsfall eine Gefängnisstrafe verhängt werden.
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