Blogger über Datenschutz bei Otto: „Ich finde das moralisch fragwürdig“
Jürgen Vielmeier ruft bei einem Kundeservice an, mit dem er vorher noch nie zu tun hatte. Die Mitarbeiter kennen seinen Namen, seine Adresse, seinen Geburtstag.
Als Sie den Kundenservice der Firma Hagebau angerufen haben, wurden Sie mit Ihrem vollem Namen begrüßt. Eingekauft hatten Sie dort aber noch nie. Woher kannten die Sie?
Ich habe seit ungefähr einem halben Jahr ein Kundenkonto auf Otto.de. Der Kundenservice, den ich angerufen habe, nennt sich „Baumarkt Direkt“ und betreut neben Hagebau, auch Otto.de, da beide Firmen Töchterunternehmen der Otto Group sind. Otto.de hat meine Daten an das Callcenter „Baumarkt Direkt“ und somit indirekt an die Firma Hagebau weitergegeben. Es handelte sich dabei um meinen Namen, mein Geburtsdatum, meine Telefonnummer und meine Adresse. Also, dass sind die Daten, von denen ich weiß, dass sie an das Callcenter weitergegeben wurden.
Da sind einfach ohne mein Wissen Daten von einer an die andere Firma weitergereicht worden. Beunruhigend ist dabei auch ein Blick auf die Website der Otto Group. Es gehören mehrere Dutzend Unternehmen im In- und Ausland zu dem Konzern. Darunter sind auch Finanzinstitute, der Paketdienst Hermes und ehemalige Konkurrenten wie Quelle, Neckermann und Baur.
Wie hat Otto reagiert?
Also die meisten Mitarbeiter waren zwar sehr freundlich, aber eigentlich hat sich keiner für mich zuständig gefühlt. Otto hat sich komplett aus der Verantwortung gezogen. Also von Otto.de wurde ich wieder zurück zur Otto Group geschickt. Das war für mich so ein Zeichen von: Ist uns doch egal. Das ist ein riesiger Konzern, der immer weiter wächst und man als Kunde soll da irgendwie die Übersicht behalten. Und von deren Seite kam für den Vorfall auch nie irgendeine Form von Unrechtsbewusstsein. Ich hab da mehrmals angerufen und ich musste immer wieder nachfragen. Die haben das selber nicht wirklich als Problem angesehen.
Wieso ist die Datenweitergabe Ottos ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht?
Also ich kann das persönlich nicht beurteilen, das ist die Meinung meines Anwalts. Seiner Meinung nach sind auch konzernverbundene Unternehmen dritte Unternehmen. Eine Weitergabe von Daten an Dritte ist Datenschutzrechtlich nicht erlaubt. Das bedeutet, dass ein Konzern wie Otto, der auch Neckermann und Quelle in seiner Group hat, Kundendaten nicht an Neckermann und Quelle weitergeben darf.
Wollten Otto.de und andere Onlineshops das Datenschutzrecht genau einhalten, ist eine Einwilligung notwendig, etwa in Form einer Checkbox während der Anmeldung. So was wie: „Ich bin damit einverstanden, dass Otto meine persönlichen Daten speichert und weitergibt“. Ich finde das moralisch fragwürdig. Otto gibt Daten intern an Unternehmenstöchter weiter, von denen viele Kunden gar nicht wissen, dass sie etwas mit Otto zu tun haben. Dann begrüßt einen demnächst vielleicht der Quelle-Service mit eurem Namen, wenn man mal was bei Neckermann gekauft hat.
Jürgen Vielmeier ist freier Technikjournalist, -texter und Blogger in Bonn und leitet den Euronics Trendblog. Auf seinem persönlichen Blog schreibt er über Medienwandel, digitales Nomadentum, Gesellschaft, Technik und den Vorfall mit Otto.
Was werden Sie in Zukunft anders machen?
Also ich schaue jetzt genauer hin. Und das würde ich den Leuten auch raten. Und vor allem einfach mal nein zu sagen, wenn die zu viel wissen wollen und einen belästigen. Das werde ich in Zukunft auch so handhaben. Wichtig ist auch, dass man der Datenweitergabe jederzeit auch im Nachhinein widersprechen kann. Sollte man mal ein Sternchen übersehen haben, kann man Konzernen gegenüber immer darauf bestehen, das wieder rückgängig zu machen.
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