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Birmas neue RegierungDer Tag des Machttransfers

Nach 54 Jahren hat jetzt erstmals wieder eine zivile Regierung die Macht übernommen. Die Erwartungen sind hoch, die Probleme groß.

Htin Kyaw und Aung San Suu Kyi am Mittwoch auf dem Weg zur Vereidigung im Parlament Foto: reuters

Naypyidaw taz Nach zehn Minuten war alles vorbei. Der neue Präsident und seine beiden Stellvertreter schworen vor dem Parlament ihren Amtseid, der Machttransfer war vollzogen. In Birma ist seitdem erstmals seit 54 Jahren wieder eine zivile Regierung an der Macht.

Nach langen Jahren des Kampfes um die Demokratie führt nun die Nationale Liga für Demokratie (NLD) die Regierungsgeschäfte. „Es war ein langer Weg“, sagt Bo Bo U. Für den 51-Jährigen bedeutete er über 20 Jahre Haft unter der brutalen Militärdiktatur. Heute sitzt er für die NLD im Parlament.

Zur Feier der von den Birmesen lange ersehnten Machtübergabe ist seine Mutter extra in die Hauptstadt Naypyidaw gereist. Mit toupiertem Haar und einem festlichen landestypischen Wickelrock-Gewand steigt sie die Treppen vom Besucherbalkon des Parlaments herunter. Stolz sei sie und überglücklich nach all den Jahren, in denen sie Bo Bo U im Kampf um Demokratie unterstützt hat, diesen historischen Moment miterleben zu dürfen. Ihr Mann starb ein Jahr, bevor Bo Bo U 2009 aus dem Gefängnis freikam.

Am Tag des Machttransfers ist das Gebäude voller Besucher, die versuchen, sich in den großen Gängen zurechtzufinden, oder mit ihren Handys Selfies knipsen. Diplomaten, Vertreter der Zivilgesellschaft und Exmitgefangene gratulieren: Es werden Hände geschüttelt und es wird auf Schultern geklopft. Die NLD ist jetzt an der Macht.

Große Herausforderungen

Fünf Jahrzehnte Militärdiktatur hinterlassen der Partei der Demokratieaktivisten schwierige Aufgaben. Es gilt eine föderale Friedenslösung für den Bürgerkrieg zwischen den ethnischen Minderheiten und der Armee zu finden. Ressourcen müssen gerecht verteilt werden, das verarmte Land braucht wirtschaftlichen Aufschwung.

Die Erwartungen an die NLD sind hoch, doch schnellen Wandel dürfte es nicht geben. Noch immer reserviert die Verfassung dem Militär einen Vizepräsidenten und ein Viertel aller Parlamentssitze sowie die Ministerien für Inneres, Verteidigung und Grenzangelegenheiten.

Sie sei stolz, diesen historischen Tag miterleben zu dürfen

Mutter eines Exgefangenen

Neuer Staatspräsident ist mit Htin Kyaw ein enger Vertrauter Aung San Suu Kyis. Der NLD-Ikone selbst ist das Amt verwehrt, weil sie zwei Söhne mit britischer Staatsbürgerschaft hat. Schon vor den Wahlen kündigte sie an, „über dem Präsidenten“ zu stehen. Das Vertrauen in die als Heldin gefeierte Aung San Suu Kyi ist bei den meisten Birmesen größer als die Skepsis gegenüber ihrem von Beobachtern als autokratisch kritisierten Regierungsstil.

Eine Lady, 20 Männer

Zentralistische Züge hatte die Auswahl der Kabinettsmitglieder, die als intransparent kritisiert wurde. Mit Ausnahme Suu Kyis sind alle 21 Minister Männer über 60. Die Friedensnobelpreisträgerin ist allein für vier Ministerien zuständig: Äußeres, Bildung, Energie und Elektrifizierung sowie die Leitung des Präsidialamts.

In der Nacht vor dem Machttransfer sind auf Naypyidaws verlassenen Stadtautobahnen die Überbleibsel des Tags der Streitkräfte zu sehen, der stets mit einer großen Parade begangen wird: In einer Lkw-Kolonne fährt das Militär mit khakifarbenen Planen bedeckte Panzer und anderes Kriegsgerät zurück in die Kasernen. Das militärgelenkte Staatsorgan titelt: „Gekommen, um zu bleiben“.

„Wir heißen die Generäle willkommen, mit uns zusammenzuarbeiten“, sagt Bo Bo U. Als Htin Kyaw mit Aung San Suu Kyi zur Vereidigung das Parlament betrat, standen alle auf. Nur der Militärblock blieb sitzen.

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2 Kommentare

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  • Hallo, Frau Hölzl, guten Morgen!

     

    Es heißt schon seit vielen Jahren nicht mehr Birma, sondern Myanmar. Gibt es einen bestimmten Grund, warum Sie den alten Kolonialnamen immer wieder und weiter verwenden? Ansonsten bemüht sich die TAZ doch auch um eine moderne Sprache ohne N-Wörter usw.

     

    Grüße

    • Sven Hansen , Autor , Auslandsredakteur (Asien)
      @Leser:

      Birma (engl. Burma) wurde bekanntlich von der nicht legitimierten Militärjunta in Myanmar umbenannt. Beide Namen bedeuten dabei dasselbe, nämlich Land der Bamar (Birmanen). Zweifelsohne ist Myanmar der progressivere, weil nicht von der Kolonialmacht stammende Ausdruck dafür, aber gerade die Gegner der Junta haben deshalb am alten Namen festgehalten. Inzwischen ist der Namensstreit weniger brisant, obwohl z.B. Aung San Suu Kyi noch am alten Namen festhält (und meist auch die US-Regierung). Im Rahmen der UNO gibt die jeweilige Regierung vor, wie ihr Land heißen soll, daran fühlt sich z.B. die Bundesregierung gebunden. In der taz finden sich beide Schreibweisen, meist dominiert der alte Begriff Birma, oft versehen mit dem Hinweis, dass das Land von der Junta in Myanmar umbenannt wurde. Junge Birmesen sehen den Namensstreit heute angenehm entspannt und nennen ihr Land, wie sie Lust haben, wobei tendenziell der Begriff Myanmar auf dem Vormarsch ist.

      Sven Hansen, taz-Asienredakteur