Bin Laden: Bin unzufrieden
Al-Qaida-Chef Bin Laden ärgert sich über die eigene Organisation, weil sie im Irak Fehler macht. Seine Anhänger verdammen hingegen den TV-Sender al-Dschasira.
KAIRO taz Al-Qaida ist enttäuscht über den arabischen TV-Sender al-Dschasira. "Dieser schändliche Sender lechzt nach der Unterstützung der Kreuzfahrer und unserer Feinde", heißt es auf einer der Gruppierung zugeordneten Webseite. Man müsse die "Falschheiten und Sündhaftigkeit des Senders" aufdecken.
Grund für den Ärger ist eine am Montag von al-Dschasira nur in Teilen ausgestrahlte Tonbandaufnahme, in der Al-Qaida-Führer Ussama Bin Laden Fehler seiner Organisation beim heiligen Krieg im Irak angeprangert hatte. "Jeder kann einen Fehler machen, aber nur die Stärksten können ihn zugeben", heißt es. Hintergrund dieses Aufrufs ist die Kooperation einiger sunnitischer Stämme mit der irakischen Regierung und den US-Truppen gegen al-Qaida in der Provinz Anbar. Vor allem in Kreisen der US-Armee wurde das neueste Band als Anzeichen gedeutet, wie sehr al-Qaida im Irak unter Druck geraten ist.
Die Wut der militanten Webseiten richtet sich nun gegen al-Dschasira, weil der Sender nur diesen einen Ausschnitt aus Bin Ladens Rede ausgestrahlt hat. Im Rest der Aufnahme, die inzwischen vollständig ins Internet gestellt wurde, ruft Bin Laden zum "heiligen Krieg" auf der Arabischen Halbinsel und prophylaktisch gegen die in Darfur geplanten UN-Truppen auf. Beides hat er aber schon früher gemacht. Außerdem applaudiert Bin Laden seinen Kämpfern im Irak für ihr Durchhaltevermögen. Aber er macht sich Sorgen um den Nachschub: "Wo sind die Kämpfer aus der Levante und aus dem Jemen?"
Für Jassir al-Saata, den jordanischen Experten für militanten Islam, macht die Rede die Krise deutlich, die al-Qaida zurzeit im Irak durchmacht, nachdem sie versucht habe, anderen irakischen Aufständischen ihr Weltbild aufzuzwingen. "Vielleicht kommt al-Qaida nun wieder von dem Baum runter, auf dem sie im Irak geklettert ist", erklärte er gegenüber al-Dschasira. Die überregionale arabische Tageszeitung al-Quds al-Arabi beklagt, dass al-Qaida das Image der irakischen Aufständischen ruiniert und deren Reihen gespalten habe. "Die Fehler, von denen Bin Laden nicht ehrlich spricht, sind das Händeabschneiden und das Verteufeln aller, die sich von al-Qaida unterscheiden", heißt es dort in einem Kommentar. Al-Qaida sei die größte Bedrohung für den legitimen Widerstand gegen die US-Besatzung im Irak.
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