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Billigmodekette Primark in BangladeschTrendy und billig. Zu billig?

Die Bekleidungskette Primark ist extrem günstig. Doch der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch kratzt an ihrem Image.

Hunderte Shoppingwütige warteten vor den Türen als der Billigdiscounter 2012 eine Filiale in Berlin eröffnete. Bild: dpa

BERLIN/DUBLIN taz | Egal, wo die irische Billigmodekette Primark eine neue Filiale eröffnet: Scharen modebegeisterter, meist junger Kundinnen sind ihr sicher. Doch seit am vergangenen Mittwoch in Savar, Bangladesch ein Fabrikgebäude einstürzte, muss Primark um sein gutes Image fürchten. Der Discounter hat eingeräumt, dass auch er in der Fabrik Kleidung produzieren ließ. Bei dem Einsturz kamen mindestes 373 Menschen ums Leben; deutlich mehr als 1.000 wurden – teils schwer – verletzt. Eine am Vortag ergangene behördliche Warnung war ignoriert worden.

Man sei schockiert und zutiefst traurig über diesen Zwischenfall in Savar und spreche allen Betroffenen sein Beileid aus, heißt es in einer Mitteilung auf der Website von Primark. Man habe aber seit Jahren mit verschiedenen NGOs zusammengearbeitet, um die Standards der Fabriken in Bangladesch zu überprüfen. Das Primark-Team für ethischen Handel sei nun dabei, Informationen zu sammeln.

In London demonstrierten am Samstag Mitglieder von „War on Want“ vor Primarks Vorzeigeladen in der Oxford Street. Murray Worthy, Sprecher der Organisation, sagte, man rufe nicht zu einem Boykott des Klamottendiscounters auf, weil in asiatischen Ländern dadurch möglicherweise viele Jobs verloren gehen würden. Aber man verlange von Primark, die Familien der Opfer zu entschädigen.

„Die Todesfälle in Bangladesch waren kein Zufall“, sagte Worthy. „Sie hätten verhindert werden können. Wenn Primark seine Verantwortung gegenüber diesen Arbeiterinnen ernst genommen hätte, wäre niemand gestorben.“ Primark legt großen Wert auf sein Image als Saubermann der Branche.

Miese Arbeitsbedingungen

Das Unternehmen unterstützt die Initiative „Her Project“, die Frauen in Bangladesch über Gesundheit und Ernährung aufklären will. 2006 ist Primark der „Ethical Trading Initiative“ beigetreten, in der Unternehmen, Gewerkschaften und NGOs zusammenkommen, um bessere Arbeitsbedingungen und Rechte für Arbeitnehmer in Dritte-Welt-Ländern durchzusetzen.

Im Dezember 2008 stellte die Wohltätigkeitsorganisation „War on Want“ allerdings fest, dass sich in dieser Hinsicht bei den Primark-Zulieferern in Bangladesch seit einer Untersuchung von zwei Jahren zuvor nichts getan hatte. Im selben Jahr strahlte die BBC einen mit versteckter Kamera aufgenommenen Bericht über die miserablen Arbeitsbedingungen bei indischen Primark-Zulieferfirmen aus.

Primark ist ein Tochterunternehmen des britischen Lebensmittelkonzerns Associated British Foods. Der erste Laden in der Mary Street, Dublins billiger Einkaufszeile, öffnete 1969. Vier Jahre später expandierte der Discounter nach England. Heute hat das Unternehmen weltweit 43.000 Angestellte und macht einen Jahresumsatz von rund 4 Milliarden Euro. Mehr als ein Zehntel davon ist Profit. Es hat 257 Filialen in acht europäischen Ländern, darunter 10 in Deutschland.

Der Erfolg basiert darauf, dass Primark es geschafft hat, trotz seiner Billigmode als trendig zu gelten, vor allem bei Teenagern. Als im vergangenen Juli die erste Filiale in Berlin eröffnete, spielten sich Szenen ab wie bei einem Justin-Bieber-Konzert. Stunden vor der Eröffnung warteten Hunderte Shoppingwütige vor den Türen. Als diese sich endlich öffneten, hieß es: rennen, kreischen, schnappen, eintüten. Jüngst war die Enttäuschung in Internetforen und Modeblogs groß, als Primark Anfang April die Eröffnung einer zweiten Filiale in der deutschen Hauptstadt auf Winter 2013 verschob.

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14 Kommentare

 / 
  • T
    Tortes

    @FaktenStattFiktion

     

    Lies noch mal den Bericht der TAZ und dann nochmal meinen Kommentar dazu, aber bitte aufmerksam und gründlich lesen.

     

    Jetzt verstanden ?

  • FF
    Fischers Fritze

    Primark- Klamotten sind der allerletzte Dreck.

  • H
    Hobertson

    Was spricht dagegen, wenn eine Firma seine Produkte möglichst günstig herstellen läßt. Schuld hat die Regierung von Bangladesh, die gegen Schmiergeld zuläßt, daß die eigene Bevölkerung ausgebeutet wird.

    Aber sollte heute Bangladesh oder Asien fallen, dann geht es eben nach Afrika. Die lernen schon noch, ordentliche Ware herzustellen. Hier sind die Löhne auch noch niedriger.

  • F
    FaktenStattFiktion

    @tortes

    10% Rendite wären IMMER 10 v. H. Rendite. Nur mal zur Information....

  • B
    breans

    Billige Ware hat nicht nur das Problem, dass die Arbeiter schlecht entlohnt werden und unter schlechten Bedingungen arbeiten. Dieses Problem hat man auch bei teuren Markenproduzenten. Die lassen ja auch dort produzieren.

     

    Auch andere Menschen leiden darunter. In Peking ist die Luft ja auch deshalb inzwischen so miserabel, weil Europa dort unter Umgehung hiesiger Umweltschutzauflagen die Luft verpesten darf.

     

    In Afrika wiederum liegt unser gesammelter Elektroschrott, weil wir lieber ein neues Smartphone kaufen, als das alte reparieren zu lassen. Wir kaufen nur noch für den Müll, wahlweise Kleidung, Lebensmittel oder Elektrogeräte.

     

    Das Problem sind weniger Billiganbieter, als vielmehr Menschen, die lieber für 10 Euro eine neue Jeans im Used-Look kaufen, als die alte, gute Jeans noch mal nähen zu lassen.

  • F
    Franziska

    Ich kann durchaus verstehen, dass viele Leute, die in Deutschland sehr wenig verdienen auch günstige Kleidung brauchen. Es kann sich eben nicht jeder die Ökojeans für 80 Euro leisten. Allerdings reden dann immer alle nur von den Billigherstellern. Wer sagt, denn dass Markenklamotten besser produziert werden???

    Da kostet dann ein T-shirt ein vielfaches, bei den Näherinnen kommt trotzdem nicht mehr an.

  • T
    Tortes

    Machen wir doch mal die Profitrechnung weiter.

     

    4 Milliarden Umsatz, davon 10% Rendite, das sind 400 Mio. Rendite.

     

    Wenn man davon ausgeht, dass das eingesetzte Grundkapital der Investoren auch nur ein Bruchteil des Umsatzes ist, sagen wir 25%, dann haben wir ein Grundkapital von ca. 1 Milliarde.

     

    Damit haben wir eine effektive Kapitalverzinsung von geschätzt 40% !

     

    ist da eigentlich jedem klar, dass hier eine Textilmafia auf Kosten von Menschenleben faktisch "Geld drucken" lässt ???

  • F
    FaktenStattFiktion

    Ach, wenn Primak teurer verkauft dann verbessern sich automatisch die Herstellungsbedingungen?

     

    Primak führt auch die Bauaufsicht in Bangladesch?

     

    @Jasmin

    "kapitalistischen Beduerfnisse" -im Sozialismus will der Untertan also möglichst viel für Kleidung berappen, gelle?

  • N
    NoName

    Definitiv zu billig. Denn während bei der Eröffnung in Berlin noch auffallend schicke Schachen ausgestellt wurden, so dass man sich wunderte wie sich das rechnen soll hängt da jetzt nur noch Fummel rum, der nicht nur spottbillig ist sondern auch so aussieht. Dafür dann auch noch Leute in Bangladesh malträtieren zu lassen ist wirklich doppelter Unsinn.

  • M
    Marco

    Trotzdem kann man das als Zwischenfall bezeichnen - wenn das ständig passieren würde, dann würde das Geschäft sich ja nicht lohnen.

    Dass die Bedingungen unter denen dort produziert wird solche Zwischenfälle provozieren ist ohne Frage furchtbar.

    es lohnt sich, sich zu informieren, wo die dinge herkommen die man so kauft und wie sie entstanden ist. auf diese weise lässt sich m. e. einiges erreichen.

  • D
    Dirk

    Was es gibt Hersteller die unter solchen Bedingungen Klamotten Produzieren? da geh ich ab morgen wieder zu Kik. Frechheit.

     

    So lange den Menschen ein t Shirt für 2 € und ein gutes Essen für 1,5€ wichtiger sind als alles andere und weil es uns in D ja sooooo schlecht geht, wird sich das nie ändern.

    • D
      dude
      @Dirk:

      kik? manche lernen's nie

  • SU
    Sack und Asche

    Sollen demnach Hatzies in Sack und Asche rumlaufen?

  • J
    Jasmin

    Ein Zwischenfall ? Es sollte ja wohl jedem klar sein das von Kleidung, ueber Haendy zu was auch immer alles unter solch widerwertigen Bedingungen hergestellt wird um unsere kapitalistischen Beduerfnisse zu bedienen.