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Bildungspaket für ArmePaket bleibt unausgepackt

Die Leistungen des Bildungspakets für arme Familien werden in Berlin kaum nachgefragt.

Für die paar Kröten lohnt der Aufwand kaum Bild: dpa

Rund 200.000 Berliner Kindern stehen Leistungen aus dem Bildungspaket der Bundes zu. Bloß: Bis jetzt sind nach Schätzungen der Arbeitsagentur nur ein paar tausend Anträge bei den Jobcentern eingegangen. Und das, obwohl die Frist für eine rückwirkende Beantragung am 30. April abläuft. Bei den Senatsverwaltungen für Bildung und Soziales will man sich noch nicht offiziell zum Thema äußern, zeigt sich aber erstaunt über die schwache Resonanz.

Seit Anfang April arbeitet der Senat an der Umsetzung des von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) entworfenen Pakets. Vor allem Kinder von Hartz-IV- und Wohngeldempfängern haben Anspruch auf Zuschüsse zu Schulessen, Nachhilfe oder Vereinsmitgliedschaften. Klassenfahrten, Tagesausflüge und Schülertickets sind für die Leistungsberechtigten umsonst.

"Gemessen an der Zahl der Leistungsberechtigten und der Deadline Ende April ist der Andrang bei den Jobcentern sehr gering", sagt Olaf Möller, Sprecher der Arbeitsagentur Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. Eine Statistik sei zwar nicht vorgesehen, aber Nachfragen Möllers in einigen Bezirken haben ergeben: In Pankow, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg oder Steglitz-Zehlendorf sind bislang gerade mal ein paar hundert Anträge eingegangen. Dabei sollte die Information über Plakate, Internet und Medien ausreichend sein, findet Möller.

Im Arbeitslosenzentrum Marzahn berät der Arbeitslosenverband Berlin-Brandenburg zwischen 200 und 400 Menschen im Monat, darunter viele, deren Kindern Leistungen aus dem Bildungspaket zustehen. Auch hier fällt die Resonanz mager aus. "Der Bedarf ist gar nicht da", sagt einer der Mitarbeiter der taz. "Die Kinder lernen ja nicht plötzlich Klavier oder Klarinette, bloß weil sich Frau von der Leyen etwas Schickes hat einfallen lassen." Die meisten der anderen Angebote habe es schon gegeben, etwa kostenlose Klassenfahrten und Mitgliedschaften im Sportverein, auch Zuschüsse für Schulbedarf.

Auch bei den Kosten für das Mittagessen ändert sich durch das Bildungspaket für viele nur wenig: Rund 20 Euro Eigenleistung müssen sie nun aufbringen. An vielen Schulen und Kitas liegt die Verpflegungspauschale mit 23 Euro ohnehin nur knapp darüber. "Der Aufwand ist groß, aber für die Kinder kommt wenig bei rum", so Marion Drögsler, Vorsitzende des Arbeitslosenverbands. "Eigentlich ist das Paket ein Flop."

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4 Kommentare

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  • T
    THOR

    Bei der seit Jahrzehnten brummenden HETZPRESSE in allen Medien gegen Erwerbslose werden die Kinder von Hartzern in der Schule schon genug gemobbt, da will man im Verein nicht auch noch fertig gemacht werden. Im Übrigen für zehn TEURO gibts bestenfalls zweimal im Monat Minigolf.

  • RW
    Ralf Wünsche

    Ist man in Deutschland im Jahre 2011 noch immer in einem Obrigkeitsstaat oder gilt für bestimmte gesell. Gruppen doch nicht das Primat vom mündigen Bürger - wenn es den überhaupt gibt - ausser dem Wutbürger !

  • S
    Stefan

    "Der Bedarf ist gar nicht da", sagt einer der Mitarbeiter der taz. "Die Kinder lernen ja nicht plötzlich Klavier oder Klarinette, bloß weil sich Frau von der Leyen etwas Schickes hat einfallen lassen."

     

    Vielleicht liegt es auch daran, dass es für 10,- Euro pro Monat keinen Klavier- oder sonstigen Unterricht zu buchen gibt?

     

    Lächerlich das Ganze - und nicht erst seit der schwachen Resonanz. Aber wahrscheinlich wird am Ende das Ganze wieder den Hartz IV Familien angelastet: als Beleg dafür, dass sie lieber ihre Kinder verwahrlosen lassen, als sich um deren Bildung zu kümmern.

     

    vg, stefan

  • BV
    Betroffene vs. Kosten

    Man muss sich mal die Kosten für eine Beantragung vor Augen führen. Papier, Umschlag, Briefmarke für 3€ Zuschlag zum Mittagessen im Monat?! Sonst gibt es nur 10€ für alle, die schon im Verein sind und Fahrtkosten für höhere Schulen, die weiter als 3km(oder so ähnlich)entfernt liegen.

    Was soll man da im Endeffekt beantragen? Ausflüge&Co. die man schon in den vergangenen Monaten BAR den Lehrern bezahlen musste, erhält man auch nicht zurück(Mangel an Belegen...).

    Beantragen werden also nur die "Hardliner" etwas, die sowieso jede Kleinigkeit beantragen, der Rest wird darauf verzichten, weil es sich einfach nicht lohnt!