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„Bildungskrise“ in BerlinGeduld mit Scheeres geht zu Ende

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist heftige Attacken gewöhnt. Verliert sie den Rückhalt in der Koalition?

Vielen schmeckt's nicht, was Scheeres macht: Die Senatorin zu Besuch in einer Schulmensa Foto: picture alliance/Jörg Carstensen/dpa

Z u Schuljahresbeginn steht Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) massiv unter Druck: Viel mehr Schulplätze als erwartet, die in kurzer Zeit fehlen könnten, eine wachsende Schieflage bei der Verteilung der Quereinsteigenden auf die Schulen und ein auf Krawall gebürsteter Landeselternausschuss. Scheeres ist Kritik zu Schuljahresbeginn gewöhnt, doch dieses Jahr ist die Intensität eine andere.

Dass die Opposition, insbesondere CDU-Parteichef Kai Wegner die Gunst der Stunde nutzen würde, um die Senatorin anzugreifen, war erwartbar. Ungewöhnlicher war da schon, dass Abgeordnete des grünen Koalitionspartners ein Papier aus der AG Schulbau an die Presse gaben, von der sie wussten, dass es Scheeres schaden würde.

Wirklich bemerkenswert war aber die scharfe Kritik der obersten ElternvertreterInnen, deren Vorsitzender sonst eher leise formuliert. Es sieht so aus, als ob die Geduld mit einer Senatorin zu Ende geht, die kein Mittel findet gegen eine gleichbleibend hohe Zahl von SchulabbrecherInnen, gegen die anhaltend schlechten Ergebnisse der GrundschülerInnen in den Vergleichsarbeiten und gegen die unzufriedenen Kollegien, die Brandbriefe schreiben, weil sie immer mehr Kindern mit Förderbedarf immer weniger gerecht werden können.

Die QuereinsteigerInnen machen zwar die Lehrerzimmer voll, doch ihre Ausbildung kostet die Schulen zugleich zusätzliche Ressourcen. Der jahrelang verschleppte Studienplatzaufbau in den Lehramtsstudiengängen fällt Scheeres jetzt erst so richtig krachend vor die Füße: eine zweite PädagogIn pro Klasse, Ermäßigungsstunden für LehrerInnen an Brennpunktschulen – den SchülerInnen würde es helfen, vielleicht würde es gar „sicht- und messbar“ die Schulqualität steigern, wie vom Landeselternausschuss gewünscht. Doch was nicht da ist, kann eben nicht verteilt werden.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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1 Kommentar

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  • „Viel mehr Schulplätze als erwartet, die in kurzer Zeit fehlen könnten, eine wachsende Schieflage bei der Verteilung der Quereinsteigenden auf die Schulen und ein auf Krawall gebürsteter Landeselternausschuss.“

    a) Die SPD hält diesen Senatorenposten seit zwei Dekaden inne, die aktuelle Senatorin befindet sich im achten Jahr im Amt - statt „Erwartung“ wäre ein wenig Stochastik hilfreich gewesen in den vergangenen 20 Jahren, bei der Ermittlung des Zukünftigen Bedarfes an Schulplätzen. Leider wurde/wird dieser mathematische Teilbereich - Stochastik - in der Oberstufe gerne gestrichen. (Disclaimer: Excel & Berater sind keine Kompensation für fehlende Basics bei den handelnden Akteuren)

    b) Quereinsteiger, wie auch nicht verbeamtete Lehrer, lassen sich nicht nach Gutdünken „verteilen“. Die Verteilung der Quereinsteiger ist nicht Problem, sondern Symptom des root cause - es gibt Schule, wo sich signifikant weniger Menschen bewerben wollen.

    c) Wenn die Schulsenatorin und die SPD „Jährlich grüßt das Murmeltier“ spielen, in der Annahme, dass das Kurzzeitgedächtnis der Betroffenen demvon Dory dem Goldfisch gleicht - somit wären Versprechen und Verfehlungen von vor der Jahrtausendwende vergeben und vergessen - ist dies augenscheinlich ein Trugschluss. Der Vorsitzende des LEA in Berlin ist 41, seit 2005 ist er als Elternvertreter aktiv. Vulgo, er hat die Inkompetenz in puncto Bildung anhand eines gesamten Kinder/Schülerlebens nachvollziehen dürfen.

    People remember better than you hope for..