Bildungsbericht der OECD: Deutschland hängt ab

Der OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick" bescheinigt Deutschland zu wenige Fachkräfte auszubilden. Das Land gerät international ins Hintertreffen.

Eine Hochschulausbildung schützt auch vor Arbeitslosigkeit. Bild: ap

BERLIN taz | Die Chinesen können aus dem Vollen schöpfen. Obwohl nur 5 Prozent der Bevölkerung einen Hochschulabschluss haben, stellen die Chinesen mittlerweile ein Achtel des internationalen Fachkräftereservoirs. "Dagegen ist Deutschlands Beitrag zum globalen Pool an Talenten deutlich geschrumpft", konstatierte der OECD-Bildungsforscher Andreas Schleicher, als er am Dienstag die jährliche Gesamtschau der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) "Bildung auf einen Blick" vorstellte. Deutschland beheimatet demnach nur noch 4,6 Prozent der internationalen Fachkräftereserve.

Die OECD, ein Zusammenschluss der wichtigsten Industrieländer, bescheinigt Staaten mit einem großen Reservoir an hochgradig gebildeten Arbeitskräften entscheidende Vorteile im globalen Wirtschaftswettrennen. In ihrem jährlichen Bericht widmet sich die Organisation hauptsächlich den beruflichen Abschlüssen.

Dem aktuellen Bericht zufolge ist die Gruppe der Hochqualifizierten hierzulande seit Jahrzehnten kaum gewachsen. Jeder Vierte in der Generation der 25- bis 34-Jährigen hat eine Hoch- oder Fachschule besucht und gilt damit als hochqualifiziert. In der Generation ihrer Eltern betrug der Anteil ein Fünftel.

Deutlicher Rüffel

Vergleichbare Länder wie Japan oder Frankreich haben das Bildungsniveau ihrer Bevölkerung seit den 70er Jahren dagegen kräftig gesteigert. Deutschland befindet sich nun in guter Gesellschaft mit Ländern wie Österreich und Brasilien, Staaten, "die noch weiter zurückfallen werden", prognostiziert die OECD.

Ein deutlicher Rüffel also, den die Bundesregierung nicht auf sich sitzen lassen will. "Deutschland ist auf einem guten Weg in die Bildungsrepublik", entgegnete die Staatssekretärin im Bundesbildungsministerium, Cornelia Quennet-Thielen, und verwies darauf, dass Bund und Länder kräftig investieren.

Vom Ziel, 10 Prozent des erwirtschafteten Gesamtvermögens in Bildung und Forschung zu stecken, ist die Bundesregierung allerdings noch weit entfernt. Laut OECD-Bericht sank der Anteil der Bildungsausgaben in Deutschland seit 1995 auf 4,8 Prozent vom BIP und liegt damit unter dem Mittelwert der OECD-Staaten von 5,9 Prozent.

Dabei rentiert sich jeder Euro, den Deutschland in die Bildung steckt. Nach Abzug der Ausbildungskosten verdiene Deutschland an jedem Hochschulabsolventen 125.000 Euro, sagt Quennet-Thielen. Im OECD-Schnitt sind es nur 66.000 Euro.

Eine Investition in Bildung ist also nie zuvor lohnender gewesen. Nicht nur die Staatskasse profitiert von einer guten Ausbildung. In allen OECD-Ländern verdienen Hochschulabsolventen mehr Geld und sind seltener arbeitslos, in Deutschland aber ist der Vorsprung der Gutgebildeten besonders groß.

Wenier Arbeitslose

So lag die durchschnittliche Arbeitslosenrate in Deutschland im Jahr 2009 für Ungelernte bei 16,7 Prozent. Bei Menschen mit einer Berufsausbildung war sie nicht einmal halb so hoch und die Arbeitslosenquote unter den Studierten betrug gerade mal 3,4 Prozent. Damit hat sich die Rate in Akademikerkreisen seit 1997 fast halbiert.

Auch die Gehälter steigen in Deutschland signifikant mit dem Abschluss. Besonders Frauen profitieren von einer guten Ausbildung: Die Gehaltsdifferenz zwischen Akademikerinnen und Ungelernten hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

2009 haben Akademikerinnen 100 Prozent mehr Lohn erhalten als ungelernte Arbeiterinnen. Bei Männern sind die Gehaltsunterschiede dagegen in den letzten Jahren fast gleich groß geblieben. Ein Akademiker verdient 70 Prozent mehr als jemand, der nur den Hauptschulabschluss schaffte.

Mehr Gehalt

Allgemein gilt: Umso höher die Bildung, desto geringer die Gehaltsunterschiede zwischen Jung und Alt sowie zwischen Männern und Frauen.

Aber auch die Gesellschaft profitiert von hoher Bildung. Ist man besser gebildet, ist die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben höher, man ist gesünder und engagiert sich stärker in der Gesellschaft. Hochschulabsolventen sind in Deutschland überdurchschnittlich zufrieden mit ihrem Leben.

Wen wunderts: "Nie zuvor ist es denen, die besser qualifiziert waren, besser gegangen als heute", so Schleichers Fazit.

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