Biden für Entkriminalisierung: Kein Knast mehr für Kiffer
Knapp vier Wochen vor den Kongresswahlen unternimmt US-Präsident Joe Biden einen Vorstoß zur bundesweiten Entkriminalisierung von Cannabis.
Der Präsidentenerlass sieht auch eine Begnadigung für alle vor, die in den USA auf Bundesebene wegen des Besitzes von Marihuana verurteilt worden seien. Nach Rechnung der Behörden waren es rund 6.500 Personen von 1992 bis 2021, sagten ranghohe Beamte des Weißen Hauses.
Aktuell sei niemand deswegen in Bundesgefängnissen inhaftiert. Biden betonte speziell, dass Schwarze Amerikaner häufiger wegen Cannabis-Delikten verfolgt würden – und Verurteilungen deren Leben dauerhaft beeinträchtigten.
Zugleich räumten die Regierungsbeamten ein, dass es die meisten Verurteilungen wegen Cannabis-Besitzes nicht auf Bundesebene, sondern nach Gesetzen der Bundesstaaten gab. Biden rufe deren Behörden ebenfalls zu Begnadigungen auf. Im Großteil der 50 US-Bundesstaaten ist der Gebrauch von Marihuana zu medizinischen Zwecken erlaubt, in rund 20 ist er auch generell entkriminalisiert.
Mehrheit für Entkriminalisierung von Cannabis
Biden hatte bereits in seinem Präsidentschaftswahlkampf 2020 erklärt, niemand solle wegen des Besitzes oder Gebrauchs von Cannabis zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Laut Umfragen sieht das die Mehrheit der US-Amerikaner auch so, und nicht nur bei Bidens Demokraten sind viele dieser Meinung, sondern auch bei den Republikanern.
Im Frühjahr verabschiedete das Repräsentantenhaus vor allem mit den Stimmen der Demokraten erneut einen Gesetzesentwurf, der vorsieht, Marihuana auf Bundesebene zu entkriminalisieren. Mit der starken Rolle des konservativen Flügels der Republikanischen Partei gab es bisher jedoch keine Entscheidung in der zweiten Kammer, dem Senat.
Bidens Erlass kommt rund einen Monat vor den Kongresswahlen, in denen sich das gesamte Repräsentantenhaus und ein Teil der Senatoren zur Abstimmung stellen müssen. Vor einigen Monaten sah es laut Umfragen danach aus, dass die Demokraten die knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus und die Kontrolle über den Senat verlieren würden.
Inzwischen werden ihnen bessere Chancen beigemessen, den Senat zu halten – und zum Teil wird auch nicht ausgeschlossen, dass auch das Repräsentantenhaus demokratisch bleiben könnte. Auch nur eine der Parlamentskammern zu verlieren, würde Bidens Durchsetzungskraft einschränken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht