Bezirksamtswahlen in Berlin: Bezirksämter fast komplett
AfD-Kandidat in Lichtenberg als Stadtrat gewählt. Der BND-Mitarbeiter wird sich künftig um Autowracks und streunende Hunde kümmern.
Vier Monate nach den Wahlen hat Lichtenberg endlich ein komplettes Bezirksamt. Der AfD-Kandidat Frank Elischewski erhielt am Donnerstag im Bezirksparlament denkbar knapp die erforderliche Mehrheit. Während er im ersten Wahlgang deutlich scheiterte, stimmten im zweiten Wahlgang 18 Verordnete für ihn. Da die AfD-Fraktion nur 12 Mandate hat, müssen sechs Verordnete von anderen Parteien für ihn votiert haben.
Der 49-Jährige ist Biologe und Beamter beim Bundesnachrichtendienst (BND). Bei der Befragung durch die Bezirksverordneten hatte er sich als moderat präsentiert. Er distanziere sich „vollständig“ von der umstrittenen Rede des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke zur Erinnerungskultur, sagte Elischewski. In die AfD sei er eingetreten, weil ihm die finanzielle Belastung des Steuerzahlers am Herzen liege. Mit Bärgida und Pegida habe er nichts zu tun, er spreche den Islamgegnern aber ein Demonstrationsrecht zu, „wenn sie friedlich bleiben“.
Von dem Statistikdozenten Wolfgang Hebold, den die Lichtenberger AfD zuvor erfolglos als Stadtrat nominiert hatte, distanzierte sich Elischewski indes nicht so deutlich. Die Themen, die Hebold anspreche, seien wichtig, so Elischewski. „Seine Thesen polarisieren jedoch so stark, dass eine Kooperation im Bezirksamt nicht möglich wäre.“ Hebold saß bei der Rede im Zuschauerraum.
Elischewski erklärte, Stadtrat aller Lichtenberger sein zu wollen. Hebold hatte bei seiner Nominierung im Dezember erklärt, jene 20 Prozent der Lichtenberger vertreten zu wollen, die AfD gewählt hatten.
Camilla Schuler, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sprach von einem „schwarzen Tag für Lichtenberg“. Die AfD-Fraktion in Lichtenberg stehe extrem rechts. „Da bleibt abzuwarten, wie Elischewski mit deren Gedankengut umgeht.“ In der Fragestunde hatte es aus der AfD-Fraktion viel Beifall gegeben, als Grüne die umstrittenen Zitate des Thüringer AFD-Chefs Höcke vorlasen. SPD-Fraktionschef Kevin Hönicke nannte das Ergebnis der Stadtratwahl erschreckend. Er habe mit Nein gestimmt. „Es ist unfassbar, dass in einer solchen Woche ein AfD-Mann Wahlstimmen außerhalb der eigenen Fraktion erhält.“ Die SPD-Fraktion werde darauf achten, ob sich Elischewski „nicht als Wolf im Schafspelz entpuppt“.
Im Bezirksamt bekommt der AfD-Mann das Amt für regionalisierte Ordnungsangelegenheiten. Das ist ein gerupftes Ordnungsamt. Er muss dann etwa Autowracks beseitigen und sich um streunende Tiere kümmern. Elischewski selbst sagte zur taz: „Wenn es bei dem Ressortzuschnitt bleibt, freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit dem Tierheim.“ Das sei eine wichtige Aufgabe. Aus der AfD-Fraktion wurde allerdings bereits die Forderung laut, Elischewski ein größeres Ressort zu geben.
Die Bezirksämter in Neukölln und Pankow sind derweil immer noch nicht komplett. Dort sind die AfD-Kandidaten mehrfach durchgefallen. Die Pankower AfD teilte am Freitag mit, sie werde ihren Kandidaten Nicolas Seifert nächste Woche erneut zur Wahl stellen. Das wäre dann Seiferts siebenter Wahlgang.
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