Bewertungsplattformen im Netz: Furcht vor Zensuren
Die Angst vor Cybermobbing sitzt tief - auch Ärzte und Professoren wollen keine Noten im Internet.
BERLIN tazNicht nur Lehrer bekommen im Netz Noten. Die Krankenkasse AOK zum Beispiel will ab 2010 ihre Versicherten zur Bewertung von Ärzten aufrufen - mittels des "AOK-Arzt-Navigators", der, so AOK-Sprecher Udo Barske, eine Orientierungshilfe für die Patienten sein soll.
Protest ließ nicht auf sich warten: Bundesärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe nannte ein derartiges Bewertungssystem "unseriös", Kassenarzt-Chef Jürgen Fedderwitz warnte vor dem "Hitparadencharakter". Diese Kritik kann AOK-Sprecher Barske nicht nachvollziehen: Die Patienten sollen lediglich Fragen per Klick beantworten können - ohne die Möglichkeit, eigene Texte einzugeben, sagte er der taz. Auf anderen Seiten wie helpster.de oder docinsider.com können Ärzte nicht nur mit Punkten, sondern auch mit Kommentaren bewertet werden. Dagegen gab es immer wieder Proteste von Medizinern, die die Löschung der negativen Bewertungen verlangten - meist erfolglos.
Auf meinprof.de beurteilen Studenten ihre Dozenten. Anders als bei spickmich.de bewerten sie nicht die Gesamtleistung der Lehrkraft, sondern einzelne Kurse. Aus Kriterien wie Fairness, Verständlichkeit und Spaß generiert sich die Note. Dabei kommt nicht jeder Professor gut weg. Ein Professor klagte bereits vor dem Landgericht Regensburg - weil er sich von Kommentaren wie "Er und ein PC, das passt leider nicht!" verletzt fühlte. Seine Klage wurde abgewiesen - die Richter sahen in den Kommentaren keine Beleidigung, Bewertungsplattformen dieser Art seien ohnehin von einem stark subjektiven Charakter geprägt, der nicht mit objektiven Gegebenheiten übereinstimmen müsse. Die Zahl der Bewertungen von Ärzten und Professoren ist auf fast allen Portalen ohnehin gering. Doch die Angst vor Cybermobbing scheint tief zu sitzen.
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