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Bewaffnete Konflikte um RessourcenKlima macht Krisen

Konflikte um Lebensgrundlagen nehmen nicht nur in der Sahelzone zu. Deutsche Stabilisierungspolitik muss hier ansetzen – stärker als bisher.

Ein Bauer hält einen geschädigten Maiskolben in der Hand Foto: Nicolas Remene/Pictorium/imago

B ewaffnete Konflikte im Zusammenhang mit der Klimakrise erscheinen uns oft als abstrakte Bedrohung. Doch für Youssouf, einen jungen Hirten in Zentralmali, sind sie bereits Realität. Er ist mit dem Vieh seiner Familie unterwegs, um Weideland zu finden, und er spürt am eigenen Leib, was wir aus wissenschaftlichen Analysen wissen: In Mali ist es heißer, der Regen weniger vorhersehbar als früher.

Auch Bauern haben in Mali Probleme, ihre Familien zu ernähren. Sie betreiben deshalb vermehrt Ackerbau auf dem Land, auf das Youssouf und andere Männer seines Stammes ihr Vieh zum Weiden bringen. Dies führt zu Auseinandersetzungen, die oft in Gewalt münden. Verschärft wird die Situation durch bewaffnete Dschihadisten, die in der Region unter marginalisierten Gruppen rekrutieren. Besonders Hirten werden daher sowohl vom malischen Militär als auch von Bauern als zumindest potenzielle Dschihadisten behandelt.

Gewalt zwischen Bauern und Hirten ist nur einer von vielen Konflikten um natürliche Ressourcen, die in Mali zunehmen. Weil Bauern zunehmend Pestizide und Düngemittel einsetzen, leiden Binnenfischer unter dem Abfluss von Chemikalien. Diese Problematik wiederum wird durch seltenere und heftigere Regenfälle, eine weitere Folge der Klimakrise, verschärft. Statt zur Lösung beizutragen, verschärft die Regierung derlei Konflikte oft durch Korruption und eine Politik des „Teile und herrsche“.

Alltägliche Konflikte um Lebensgrundlagen prägen viele Regionen, mit fortschreitender Erd­er­wärmung werden sie zunehmen. Das zeigt nicht nur der jüngste IPCC-Bericht, sondern auch eine neue Prognosestudie, die wir kürzlich mit Datenanalysten der US-Firma Good Judgment erarbeitet haben. Aber noch erreichen solche Konflikte meist nicht die Schwelle eines Krieges und der damit verbundenen globalen Aufmerksamkeit.

Janani Vivekana

ist Expertin für Friedensforschung mit Schwerpunkt auf Klimawandel und Peacebuilding. Sie arbeitet bei adelphi, einem europäischen Thinktank für Klima, Umwelt und Entwicklung mit Sitz in Berlin.

Auch in Mali ignoriert die politische Klasse diese Herausforderungen auf Ebene der menschlichen Sicherheit und konzentriert sich auf die eigene Sicherheit. Nach Protesten der Bevölkerung hat 2020 das Militär (wieder einmal) die Macht im Land übernommen. Wahlen und die Rückkehr zu einer zivilen Regierung sind nicht in Sicht. Hinzu kommt der Kampf gegen bewaffnete Dschihadistengruppen, dessen Verlauf von schweren Menschenrechtsverletzungen begleitet wird: So berichteten zuletzt verschiedene Medien über ein Massaker bei Mouro, bei dem Ende März mehr als 200 Menschen von Regierungssoldaten und Söldnern der russischen Wagner-Truppe getötet worden sollen sein. Dies verkompliziert nicht zuletzt die Frage, ob und wie Deutschland weiterhin an den multinationalen Schutz- und Ertüchtigungsmissionen in Mali teilnehmen kann und sollte.

Viele Auslandseinsätze der Bundeswehr in den vergangenen Jahren ordneten sich explizit oder implizit in den globalen „Krieg gegen den Terrorismus“ ein. Das ist jedoch ein denkbar schlechter Ausgangspunkt für Missionen in fragilen Gesellschaften, in denen der Kern der Konflikte letztlich oft Marginalisierung und Entrechtung von Teilen der Gesellschaft sind – was dschihadistische Gruppen gern ausnutzen. Unsere Forschung zeigt auch in anderen Ländern der Sahelzone, dass ausländische Militärinterventionen oft als Ursache und nicht als Lösung für die Rekrutierung bewaffneter Milizen gesehen werden. Der viel strapazierte Hinweis, dass es keine militärische, sondern nur eine politische Lösung geben könne: In der Sahelzone ist er angebracht, weil das Grundproblem ein Mangel an Vertrauen zwischen politischem Zentrum und Peripherie ist, wo Staat und Regierung als ausbeuterische Unterdrücker wahrgenommen werden – und es oft auch sind.

Die Bekämpfung von Dschihadisten macht nur Sinn als Teil einer Strategie der gesellschaftlichen Teilhabe

Das bedeutet für Deutschland und seine europäischen Partner, dass eine weitere Unterstützung malischer Sicherheitskräfte nur in dem Maße sinnvoll ist, wie dadurch konstruktive politische Prozesse unterstützt werden können. Im Sahel kann stärkere Resilienz gegen die Klima­krise dabei ein wichtiger Ansatz sein. Technische Ansätze, wie der Ausbau und die Modernisierung des nationalen Wetterdienstes, könnten in Mali einen Beitrag zu größerer Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimawandelfolgen leisten. Geberländer wie Deutschland sollten ihre Programme überdies darauf ausrichten, marginalisierte Bevölkerungsgruppen bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Das kann helfen, die Beziehungen zwischen konkurrierenden Bevölkerungsgruppen wie auch zwischen Staat und Gesellschaft zu verbessern. Die militärische Bekämpfung von Dschihadisten mag notwendig sein, macht aber nur als Teil einer größeren Strategie Sinn, die allen Gruppen der Gesellschaft mehr Mitsprache und Rechte ermöglicht. Afghanistan hat gezeigt, wie ein fortgesetztes Primat militärischer Aufstandsbekämpfung ins Leere führt.

Benjamin Pohl

ist Head of Programme Climate Diplomacy and Security bei adelphi.

Die deutsche Stabilisierungspolitik der vergangenen zwei Jahrzehnte im Globalen Süden muss auf den Prüfstand. Es ist gut, dass die AußenministerInnen der G7-Staaten bei ihrem jüngsten Treffen eine Erklärung verabschiedet haben, welche die Auswirkungen der Klimakrise als Bedrohung für Frieden und Stabilität anerkennt. Doch der Fokus auf Krisenprävention muss systematisch gestärkt werden, damit uns zukünftige Krisen nicht überfordern. Gerade die G7-Staaten können und sollten hier eine Führungsrolle spielen.

Die Erfahrungen der Stabilisierungseinsätze zeigen, dass sich die von der Bundesregierung angekündigte Zeitenwende in der Außenpolitik nicht in der Aufstockung des Verteidigungsbudgets und einer realistischeren Russlandpolitik erschöpfen sollte, auch wenn beides notwendig ist. In seiner östlichen Nachbarschaft hat Deutschland die Bedeutung militärischer Macht syste­matisch unterschätzt. Eine zweite Lektion der vergangenen Jahrzehnte sollte sein, dass der Westen die Wirkung derselben im Globalen Süden über- und falsch eingeschätzt hat. Beides muss sich ­ändern.

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4 Kommentare

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  • Es könnte ja eine Chance sein für das Klima, wenn wir jetzt anfangen, auf den Einsatz von fossilen Brennstoffen verzichten zu lernen. Zum Beispiel klare Rangfolge beim Verbrauch bei der Daseinsfürsorge der am meisten Abhängigen und gleichzeitiger Debatte darum, ob es Sinn macht, immer mehr Stahl, Beton und Chemieerzeugnisse wie Dünger oder Plastik zum Profit Weniger produzieren zu lassen. Das Primat der Politik über die Ökonomie, das hat selbst Habeck noch nkicht verstanden, sollte endlich einmal den weiteren Verlauf der Klimakatstrophe (der Globalisten) abzumildern versuchen, Vieles ist ja schon nicht mehr korrigierbar, was jetzt zum Glück für uns und leider, leider für viele ganz Arme jetzt schon gilt !! Ceterum cesio ,,, Im Übrigen bin ich weiterhin der Meinung, dass die drohende Weltwirtschaftskrise das beste 'Rezept' ist, um das Allerschlimmste zu vermeiden. Ich stelle gleichzeitig die These auf, dass der Markt mit seinen Verteuerungsmomenten bei knapper werdenden Gütern und Insolvenzen bei im Wettbewerb unterlegenen Unternehmen die Förderung der erneuerbaren Energien in der Geschwindigkeit lösen kann, die eigentlich angezeigt wäre. Besser wäre es, jetzt schon einen gemeinwohlorientierten Rettungsschirm aufzuspannen, bevor alles , auch das in den Börsen angesammelte 'Kapital' im Chaos versimkt.

  • Es könnte ja eine Chance sein für das Klima, wenn wir jetzt anfangen, auf den Einsatz von fossilen Brennstoffen verzichten zu lernen. Zum Beispiel klare Rangfolge beim Verbrauch bei der Daseinsfürsorge der am meisten Abhängigen und gleichzeitiger Debatte darum, ob es Sinn macht, immer mehr Stahl, Beton und Chemieerzeugnisse wie Dünger oder Plastik zum Profit Weniger produzieren zu lassen. Das Primat der Politik über die Ökonomie, das hat selbst Habeck noch nkicht verstanden, sollte endlich einmal den weiteren Verlauf der Klimakatstrophe (der Globalisten) abzumildern versuchen, Vieles ist ja schon nicht mehr korrigierbar, was jetzt zum Glück für uns und leider, leider für viele ganz Arme jetzt schon gilt !! Ceterum cesio ,,, Im Übrigen bin ich weiterhin der Meinung, dass die drohende Weltwirtschaftskrise das beste 'Rezept' ist, um das Allerschlimmste zu vermeiden. Ich stelle gleichzeitig die These auf, dass der Markt mit seinen Verteuerungsmomenten bei knapper werdenden Gütern und Insolvenzen bei im Wettbewerb unterlegenen Unternehmen die Förderung der erneuerbaren Energien in der Geschwindigkeit lösen kann, die eigentlich angezeigt wäre. Besser wäre es, jetzt schon einen gemeinwohlorientierten Rettungsschirm aufzuspannen, bevor alles , auch das in den Börsen angesammelte 'Kapital' im Chaos versimkt.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    "...Deutsche Stabilisierungspolitik..."?

    Komisch, wie lang es braucht, bis Erkenntnisse vieler in der Bevölkerung in den oberen Polit-Etagen ankommen. Wahrscheinlich hängt es mit unerbittlich-grünen Tischen zusammen, auf denen Papierberge lagern und so einigen Beschlussfassungen, die vermeintlich entlastend mal kurz von diesen sog. grünen Tischen auf den Boden Deutscher Realität flattern ...

    Schräge Welt: wohin nur mit deutschen Waffenlieferungen ....?



    Hauptsache die Hersteller verdienen und der Schrott landet, ...ja wo, war doch bislang so ziemlich egal, oder?

  • Aus welchem Grund soll denn bitte Deutschland sich irgendwo militärisch einsetzen? Reichte 1939 bis 1945 nicht?