Betrug bei Diesel-Fahrzeugen: Daimler-Chef hängt am Haken
Wegen mutmaßlich illegaler Software in Fahrzeugen muss Dieter Zetsche nochmal beim Verkehrsminister antreten. Haben die Behörden dazugelernt?
Nun steckt auch der Autokonzern Daimler im Skandal um den Diesel-Abgas-Betrug. An diesem Montag musste Daimler-Vorstand Dieter Zetsche bei Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Rede und Antwort stehen. Das nächste Treffen soll in zwei Wochen stattfinden. Die Frage: Wie viele Mercedes fahren mit „unzulässigen Abschalteinrichtungen“ herum – sind es 5.000 oder 1 Million?
Man werde jetzt „die genaue Zahl der betroffenen Modelle“ ermitteln, sagte Scheuer nach dem Termin. Zetsche bezeichnete das Treffen als „gutes Gespräch“.
Es ist fraglich, ob das stimmt. Bisher stellte sich Daimler auf den Standpunkt, keine illegale Motorsteuerung zu verwenden, die wie bei VW, Audi und Porsche dafür sorgt, dass die Fahrzeuge die Stickoxid-(NOx)-Grenzwerte auf dem Prüfstand einhalten, auf der Straße aber nicht. Nun jedoch ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt, das Scheuer untersteht, einen Rückruf für knapp 5.000 Mercedes Vito 1.6 Liter Diesel Euro 6 an. Begründung: Eine „unzulässige Abschalteinrichtung“ stecke im Motor, „die im Betrieb der Fahrzeuge zu erhöhten NOx-Emissionen“ führen könne. Mercedes soll das Software-Programm ändern.
Daimler bestreitet das. Die Funktionen seien Teil eines Systems, „das eine robuste Abgasreinigung bei unterschiedlichen Fahrbedingungen und über die Nutzungsdauer eines Fahrzeugs sicherstellen soll“. Gegen den Bescheid des Bundesamtes werde man „Widerspruch einlegen“ und, falls erforderlich, „die strittige Rechtsauslegung vor Gericht klären lassen“.
„Das Kraftfahrt-Bundesamt hat dazugelernt“
„Der Rückruf für den Vito betrifft nur eine kleine Teilmenge“, kommentierte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. „Möglicherweise sind bis zu einer Million Mercedes-Fahrzeuge betroffen. Vielleicht geschieht ein Wunder und das Kraftfahrt-Bundesamt ordnet auch dafür Rückrufe an.“ Resch spielte darauf an, dass Fahrzeuge der C- und G-Klasse von Mercedes durch ähnliche Motoren angetrieben werden wie die betroffenen Vito. Die Umwelthilfe behauptet, mit eigenen Abgas-Messungen bei zahlreichen Automodellen nachgewiesen zu haben, dass diese die geltenden Grenzwerte im Normalbetrieb weit überschreiten.
Axel Friedrich, der die Messungen der Umwelthilfe vornahm, erkennt im Vito-Rückruf eine neue Politik der Behörde: „Das Kraftfahrt-Bundesamt hat dazugelernt. Eine Rückruf-Anordnung wie jetzt beim Vito wäre vor zwei Jahren nicht erfolgt.“ Zwar hat das Amt den Volkswagen-Konzern bereits mehrfach verpflichtet, Fahrzeuge zurückzuholen. VW hatte allerdings selbst eingeräumt, Betrugssoftware zu verwenden. Gegen Daimler geht das Kraftfahrt-Bundesamt nun ohne Schuldeingeständnis vor.
Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen betrachtet die Mercedes-Geschichte dagegen nur als „Theaterdonner“. Meinte es die Bundesregierung ernst, müsse sie die Autohersteller zu Hardware-Nachrüstungen der Motoren verpflichten. Die Änderung der Software für die Steuerung der Antriebe reiche nicht aus.
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