Betreiber von Altermedia verurteilt: Herber Rückschlag für Nazi-Website
Zwei Betreiber der Nazi-Website "Altermedia" wurden verurteilt. Die Plattform galt als eine der wichtigsten der Szene. Die Betreiber zeigen keine Reue, im Gegenteil: sie sind stolz.
"Ich bereue nichts", war seine Botschaft. Im Landgericht Rostock inszenierte sich der zentrale Betreiber des rechtsextremen Internetportals Altermedia, Axel Möller, als "politischer Überzeugungstäter". Eine Verurteilung, sagte Möller, sehe er weniger "als Strafe an, sondern eher als eine Art von etwas anderem Pulitzer-Preis".
Diesen bekam er nun auch: Am Mittwoch wurden Robert Rupprecht und Axel Möller - beide Betreiber der Nazi-Website - verurteilt. Möller bekam 2 Jahre und 6 Monate Haft, sein Gesinnungsgenosse Rupprecht 2 Jahre und 3 Monate. Beide wurden wegen Volksverhetzung, Aufruf zu Straftaten, Beleidigung und der Verwendung verfassungsfeindlicher Parolen verurteilt. Mit dem Urteil folgte der Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Seit Prozessbeginn am 4. Oktober folgten aus der Szene Solidaritätsbekundungen. Der NPD-Landtagsabgeordnete und -Landesvize David Petereit schaute vorbei. Auf dem Internetportal Mupinfo, das er verantwortete, prangte: "Wir sind alle Altermedia. Presse- und Meinungsfreiheit statt Gesinnungsjustiz".
Rupprecht und Möller hatten am Montag die Taten auch gestanden. Von einem "Geständnis" wollte der 47-jährige Möller aber nicht reden, es sei "vielmehr ein Bekenntnis - und ich darf sagen - sogar noch ein sehr stolzes". Der 30-jährige Rupprecht gab sich nicht so kämpferisch. "Ich bin raus aus der Szene", sagte er. Beide sind bereits wegen Volksverhetzung vorbestraft. Das Amtsgericht Stralsund verurteilte Möller schon 2010 als redaktionell Verantwortlichen für das Portal.
Angeklagt für 50 Straftaten
In seinem Plädoyer am Montag hatte der Staatsanwalt betont: "Axel Möller ist untrennbar mit Altermedia verbunden, man könnte sagen, er ist Altermedia." Ganze 246 Seiten umfasste die Anklage. An die 50 Straftaten trug der Staatsanwalt vor: So stellten die zwei das Tagebuch der Anne Frank als gefälschtes jüdisches Machwerk dar, meinten, die Juden seien ein Dreckvolk, dem Adolf Hitler die Leviten gelesen habe, riefen zu Gewalttaten gegen farbige Menschen auf und hießen Gewalttaten gegen Politiker gut. Als sich der Staatsanwalt bei Auflistung der Taten beim Wort "Auschwitz" versprach, lächelte Möller breit.
Seit 2002 ist der deutschsprachige Ableger von Altermedia International online. Möller will nach eigener Aussage ab 2007 bei Altermedia eingestiegen sein. Er hätte auch den nun verurteilten Rupprecht angesprochen und angelernt. Als "Schriftleitung" tauchen die Männer auf der Website auf. Schnell wurde das Internetportal zu einem der wichtigsten Portale der Szene, denn hier wurden oft mehrmals täglich Nachrichten und Artikel für und von der Szene veröffentlicht und Kommentare lang und breit zugelassen.
"Im Laufe der Jahre hat sich Altermedia zu dem bedeutendsten Internetportal entwickelt. Ein Forum, wo jeder seine Vorstellungen von der Wiedergeburt des Dritten Reichs wiedergeben kann", hob auch der Staatsanwalt hervor. Die Zugriffe, erklärte schon 2003 der Verfassungsschutz des Landes, sollen sich bis zu vier Millionen im Jahr bewegt haben. Altermedia erklärte 2010, die Behörde wolle "eine Gegenöffentlichkeit aus rechtsextremer Sicht" schaffen.
In der Szene ist Altermedia aber auch so beliebt wie gehasst. Immer wieder hatten Möller und Rupprecht, die beide bei der NPD waren, Informationen über Personen und Strukturen öffentlich gemacht, die die Szene gerne intern verhandelt hätte. Richtungsstreite spitzen sie auch gerne zu. "Die Seite ist an Radikalität nicht zu überbieten", sagt Julian Barlan, SPD-Landtagsabgeordneter und Verantwortlicher von Endstation rechts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge