: Betonierte Verhältnisse
■ Deutsche Bank: Der Chef ist neu, die Taktik bleibt
Der Gewinn stieg im letzten Quartal um ein Drittel, die Bezüge der Vorstände im letzen Jahr um 17 Prozent, und die Belegschaft verhandelt derzeit um eine Lohnerhöhung von einem knappen halben Prozent – Hilmar Kopper hat seinem Nachfolger als Chef der Deutschen Bank nach seinen Maßstäben ein gutbestelltes Haus hinterlassen. Zu erwarten ist freilich, daß die „Deutsche“ auch unter Rolf Breuer ein Symbol für die betonierten Verhältnisse in der Republik bleibt. Der Strukturwandel in der Industrie läuft weiter in den Schienen der typisch westdeutschen Planwirtschaft von Banken und Versicherungen: an allen wesentlichen Unternehmen halten diese entscheidende Anteile oder besitzen bedeutende Depotstimmrechte.
Gewiß sollen die deutschen Banken mitmischen, wenn sich die hiesigen Industriekapitäne fit machen wollen für die neuen Handelsverhältnisse der Welt. Das leidige Problem ist, daß sie nach wie vor kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland ausbremsen. Für Unternehmensaufkäufe wie Krupp-Thyssen oder Milliardenverlustgeschäfte wie den Transrapid werden unbürokratisch Kredite zur Verfügung gestellt. Newcomer mit einer guten Idee hingegen müssen für eine Million von Bankschalter zu Bankschalter betteln gehen. Daran wird sich auch mit Breuer nichts ändern.
Für weitere schnelle Gewinnsteigerungen wird auch Breuer auf die bewährten Mitspieler im deutschen Industriemonopoly setzen. Er wird, wie Vorgänger Kopper, schlaue Sprüche klopfen über die Notwendigkeit niedrigerer Löhne und Steuern. Viele kleine Konkurrenten der etablierten Konzerne würden zwar auch neue Arbeitsplätze schaffen; aber sie könnten die austarierte Balance der deutschen Wirtschaft durcheinanderbringen. Nach dem Motto: Risiko – ja bitte, aber nur, wenn die Banken die Regeln bestimmen. Und wenn in den kommenden Jahren immer mehr inzwischen arbeitslose Konsumenten wegen Geldmangels weniger kaufen und so die Konjunktur dauerhaft bremsen, haben die Banken und die Industrie ihre Profitquellen längst auf die ganze Welt verteilt. Die Deutsche Bank wird dann sicher auch wieder jede Schuld von sich weisen und ein paar schlaue Ratschläge für Regierung und Arbeitnehmer bereithalten. Reiner Metzger
Bericht Seite 6, Porträt Seite 11
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen