Besorgniserregender Klimareport: Hamburg, heißes Pflaster
Schon jetzt ist es in Hamburg 1,7 Grad wärmer als vor 140 Jahren, hat der Deutsche Wetterdienst festgestellt. Das sorgt für Krach in der Koalition.
Der Extremwetterkongress, auf dem der Klimareport vergangene Woche in Hamburg vorgestellt wurde, hatte ohnehin schon alarmierende Signale gesendet. International renommierte Expert:innen berichteten von den Auswirkungen des Klimawandels: Hamburg sei als Großstadt an der Elbe durch Hochwasser und Starkregen besonders gefährdet. „Wir verlassen den klimatischen Wohlfühlbereich“, sagte etwa der Präsident des Club of Rome Deutschland, Mojib Latif.
Das zeigt auch der erstmals konkret für Hamburg vorgestellte Klimareport. Um 1,7 Grad Celsius sei die Jahresmitteltemperatur seit dem Jahr 1881 gestiegen, berichtet der DWD. Auch wenn Hamburg, verglichen mit anderen Ländern, von den Folgen des Klimawandels bisher weniger betroffen ist, sind erste Auswirkungen bereits spürbar: Die Winter werden kürzer, es gibt zehn Sommertage mehr und acht Frosttage weniger als noch vor 140 Jahren.
Sandro Kappe, CDU
Und es dürfte noch wärmer werden: „Meiner persönlichen Einschätzung nach wird die Jahresdurchschnittstemperatur in Hamburg sogar um insgesamt mehr als zwei Grad steigen, bevor global die 1,5 Grad erreicht sind“, sagt Birger Tinz vom DWD. Auch rechnet er in den kommenden Jahren mit mehr Regen. Anlass dazu gibt ein Blick zurück auf die vergangenen 140 Jahre: Die Jahresniederschlagssumme ist seit 1881 um etwa 17 Prozent gestiegen.
Der Bericht zeigt für Hamburg zwei Szenarien bis zum Jahr 2100: In dem einen werden die Emissionen sehr stark und schnell verringert werden; dem steht das Weiter-wie-bisher-Szenario gegenüber. Im ersten Szenario würde die Temperatur bis zum Jahr 2100, verglichen mit der Temperatur im Jahr 2000, um 1,1 Grad Celsius steigen. Betrachtet man dagegen das zweite Szenario, wird für den selben Zeitraum mit einer Erwärmung um etwa 3,6 Grad Celsius gerechnet.
Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) zieht aus den Ergebnissen den Schluss, dass mehr unternommen werden müsse: „Der Klimareport verdeutlicht auf eindringliche Weise, wie wichtig es ist, dass wir die CO2-Emissionen weltweit schnell reduzieren.“ Er wirbt dafür, dass er und seine Kolleg:innen im Senat sich sputen.
„Der Klimareport ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir in Hamburg unsere Klimaziele verschärfen müssen“, sagt Kerstan. Darüber, wie eine Verschärfung konkret ausgestaltet werden soll, gibt es seit Wochen Streit mit der SPD.
Doch die will sich solche Attacken nicht gefallen lassen. „Sinkende Umfragewerte führen mitunter zu Nervosität; dafür habe ich Verständnis“, sagt Dirk Kienscherf, der Fraktionschef der SPD in der Bürgerschaft, mit Blick auf den schwindenden Zuspruch zu den Grünen in den vergangenen Wochen. „Wofür ich kein Verständnis habe, ist Wahlkampf auf Kosten der Koalition“, sagt Kienscherf.
Die SPD habe den Weg zu einer klimaneutralen Industrie- und Wirtschaftspolitik gezeigt – Umweltsenator Kerstan sei dagegen untätig geblieben: Für diesen sei es an der Zeit, „endlich die Ärmel hochzukrempeln und loszulegen“. Kerstan war zuletzt vorgeworfen worden, keine konkreten Umsetzungsvorschläge im Senat vorgelegt zu haben.
Bei der Opposition herrscht Kopfschütteln
Über den Streit im Senat herrscht bei der CDU-Opposition großes Kopfschütteln – auch die CDU fordert mehr Tempo beim Klimaschutz. „Es ist auffällig, dass die Bundesregierung in ihren Zielen ambitionierter ist als Hamburg“, sagt der umweltpolitische Sprecher, Sandro Kappe.
Er bezieht sich damit auf das Hamburgische Klimaschutzgesetz, laut dem die Kohlendioxidemissionen bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden sollen. Im bundesweiten Klimaschutzgesetz lautet die Vorgabe dagegen, die Emissionen bis 2030 um 65 Prozent zu senken.
„Der derzeitige Klimaplan muss überarbeitet werden“, fordert Kappe. Für ihn ist klar, wer im Senat als Blockierer auftritt: „Die Grünen haben ja schon Vorschläge gemacht“, sagt er. „Aber von der SPD kommt immer nur Verweigerung.“ Umweltsenator Kerstan dürfte diese Einschätzung mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen.
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