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BesetzungenHäuserkampf im Trainingsmodus

Die linke Szene ruft zu Besetzungen auf, die Opposition fordert ein Ende der Polizeistrategie, innerhalb von 24 Stunden zu räumen

Der erste Anlauf: Besetzes Haus in der Bevernstraße im März,. Bild: dpa

Ein blaues Transparent hängt über die alte Backsteinmauer vor der Bevernstraße 2: „Besetzt – dolu“ steht auf deutsch und türkisch darauf. Die Polizei ist mit mehreren Einsatzwagen vorgefahren. Drei Beamten sichern den Eingang, ihre Kollegen verschwinden über den offenen Hof in den Seitenflügel. Vier Vermummte haben sie bereits festgenommen. In einer Wohnung sollen sich weitere Leute verbarrikadiert haben.

Linke Aktivisten haben am Sonntagnachmittag das Haus am Spreeufer nahe des Schlesischen Tors besetzt – zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate. Die Bevernstraße 2 ist zum Symbol für die Aufwertung im Kiez geworden. Der Eigentümer will den Seitenflügel sanieren und das fehlende Vorderhaus neu errichten. In einer Mail machen die BesetzerInnen ihren Standpunkt klar: „Für die Renovierung der Wohnungen ohne jede Erhöhung des Mietpreises“, „gegen jegliche Luxusmodernisierung“.

Die Bevernstraße 2 ist kein Einzelfall mehr: Ende April besetzten gut 100 Menschen Wohnungen in der Neuköllner Weisestraße, später auch eine ehemalige Grundschule in der Görlitzer Straße in Kreuzberg. Kein Zufall: Nach Jahren der Abstinenz von Hausbesetzungen heißt die Devise der linken Szene seit Jahresanfang „Leerstand belegen“.

Aneignung als Widerstand

„Mehr und mehr Menschen werden aus dem Innenstadtring verdrängt“, heißt es in einem Aufruf. „Wir wollen dazu beitragen, dass Aneignung von Wohnraum als Widerstand selbstverständlich wird.“ Unter den Protestlern sind auch Autonome, die „breite Massenmilitanz“ propagieren, um Besetzungen „durchzusetzen“.

Noch bleibt es freilich bei kleinen Aktionen. Eine für Mitte April angekündigte „Massenbesetzung“ fiel ganz aus. Auch weil die Polizei strikt ihre „Berliner Linie“ durchsetzt: Besetzungen werden innerhalb von 24 Stunden geräumt.

Die Opposition stellt nun die 1981 eingeführte Strategie in Frage. „Die Linie hat sich überlebt“, findet Franz Schulz (Grüne). Der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg plädiert dafür, Besetzer wie etwa in Holland zu tolerieren. Die jetzigen Aktionen seien „begrüßenswert, da sie auf den hoch angespannten Wohnungsmarkt und nicht vertretbaren Leerstand“ hinwiesen.

Die Piraten finden die „Linie“ schon rechtlich fraglich, so Oliver Höfinghoff, da „der einzige Grundsatz die Räumung innerhalb eines Tages“ sei. Er lobt „wertvolle Projekte“, die die Besetzerbewegung hervorgebracht habe. „Das Kapital muss ja nicht immer die Lebensformen bestimmen.“

SPD-Innenexperte Tom Schreiber weist die Forderung zurück. „Was unter Rot-Rot funktionierte, kann auch jetzt bleiben.“ Nicht Besetzungen seien die Lösung, sondern „bezahlbarer Wohnraum“. Katrin Lompscher, Stadtentwicklungsexpertin der Linkspartei, gesteht, dass die Linie unter Rot-Rot kein Thema war. „Inzwischen aber hat sich die Wohnraumlage geändert. Die Strategie muss neu bewertet werden.“

Eine neue Besetzerbewegung erkennt Britta Grell, Sozialforscherin am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), noch nicht. „Dafür fehlt schlicht der Leerstand.“ Die Aktionen könnten aber steigende Wohnungsnot erfolgreich „skandalisieren“, so Grell. „Es ist doch absurd, dass der Senat sich für Zwischennutzungen starkmacht, aber Besetzer rigoros räumen lässt.“

Die letzte dauerhaft erfolgreiche Besetzung liegt sieben Jahre zurück. 2005 belegten Bewohner des geräumten Projekts Yorckstraße 59 das landeseigene Bethanien – und wurden später legalisiert. Heute dient ihr Haus als „Anlaufstelle“ für die neuerliche Besetzungskampagne.

In der Bevernstraße 2 hat ein Anwohner die Besetzung zuerst bemerkt. „Da waren mehrere Maskierte. Die haben mit einem Vorschlaghammer eine der leerstehenden Wohnungen aufgebrochen“, erzählt er. Er lebt mit Familie hier und ist wenig begeistert von der Aktion. „Meine Frau hat einen Riesenschreck bekommen. Das ist illegal. Das geht zu weit“, schimpft er. Er habe kein Problem mit der Verwaltung.

Um kurz nach 18 Uhr ist es soweit: Zwei Beamten führen eine junge Frau vom Grundstück und setzen sie in einen Mannschaftswagen. Sie leistet keinen Widerstand. „Mieterhöhung, Zwangsumzug, davon haben wir genug“, skandieren Unterstützer. Kurz darauf begleiten Polizisten auch einen ältereren Mann mit Blindenstock zum Wagen. Das Haus ist geräumt.

Die Besetzer hinterlassen laut Polizei das verwüstete Büro der Hausverwaltung. Die sechs Festgenommenen werden sich wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung verantworten müssen.

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22 Kommentare

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  • P
    @peter

    Schon wieder so ein von Halbwissen strotzender Kommentar. Schlag mal ein Buch auf und schau nach, was Monopol bedeutet. Da findest du sicher eher etwas über die Anzahl der Anbieter bei hoher Zahl von Nachfragern als etwas über strukturelle Abhängigkeit. Strukturell abhängig bin ich auch von meinem Supermarkt, weil es ohne Essen nunmal nicht geht. Hat der nun deswegen ein Monopol und kann die Preise festlegen, wie er Lust hat? Im Gegenteil, wegen des hohen Wettbewerbs (Polypol) wird Essen hierzulande zu Dumpingpreisen verkauft (die Milchbauern können ein Klagelied singen). Such dir mal ein paar Statistiken und schau nach, wieviele zigtausende Immobilienbesitzer es in Berlin gibt. da kannste nichtmal von einem Oligopol wie z.B. bei den Mineralölfirrmen oder Stromversorgern sprechen.

    Also besser erstmal ein bisschen informieren, bevor du mit Fachwörtern um dich wirfst.

  • B
    ber

    @ "von@ber":

     

    Um es kurz zu machen: Wer oder was bringt Immobesitzer dazu sozialverträgliche Mieten zu nehmen? Sicherlich nicht der Opportunismus der Branche.

  • P
    peter

    hier in berlin verfügen die immobilienbesiter_innen über ein angebot monopol, sie können allso das anbieten was sie wollen, da die menschen gerade in diesem fall strukturell abhänigi von wohnraum sind den sie nicht besitzen müssen sie das nehmen was ihnen angeboten wird, da die nachfrage größer ist als das angebot auch noch zu dem preis den die vermietenden verlangen, oder sie entscheiden sich für ein leben in berlin aber auf der straße oder verpissen sich aus der stadt.

     

    fals du in den letzten jharen mal versucht hast ein wohnung zu mieten würdest du wissen was ich meine, denn wenn du zu 20 eine wohnung begehst, ist klar, dass der vermieter oder die vermieterin nur die mit der höchste zahlungssicherheit nehmen, das sie auch schnell merken selbst wenn ich die wohnung noch teurer anbieten würde, würde ich sie loß werden...

     

    als wir letztens eine zwischenmieter_in gesucht haben kam ein mensch aus seiner verzweifelung zu uns und sagte uns, "ich zahl auch mehr!" hauptsache sie bekommt endlich eine wohnung. wie scheiße das ist, is klar...

     

    denn all das ist nur aufgrund unserer abhänigkeit vom wohnraum möglich. ich merke selbst wie die unsichere wohnsituation viele menschen in meinen direkten umfeld fertig macht. sie müssen die wohnungen verlassen den kiez in dem sie seit jahren leben, doch nicht weil ihre wohnungen besser werden sondern nur weil lediglich die miete steigt. sie müssen freunde zurück lassen nur weil diese noch die miete bezahlen können...

     

    ja ich finde es gut zu besetzten doch nicht um auf probleme aufmerksam zu machen. nei ich meine wirklich besetzen um genau dieser abhänigkeit etwas entgegen zu setzen!!!

  • B
    @ber

    Auch du hast den total simplen Zusammenhang nicht verstanden.

    "sie werden von Immobesitzern festgelegt" ... selten so ein Unfug gelesen. Erkläre uns dochmal bitteschön, warum die Immobilienbesitzer in Friedrichshain so doof sind und "nur" 10 EUR kalt "festlegen" und nicht etwa 20 EUR. Oder warum die Immobilienbesitzer in MeckPom (Rügen mal ausgenommen) so dumm oder so gutmütig sind und ihre Wohnungen für weniger als die Hälfte zu vermieten als das, was ihre gierigen Berliner Kollegen verlangen.

    Natürlich kann der Besitzer nur den Preis durchsetzen, den das Verhältnis von Angebot und Nachfrage zulässt.

    Marktmechanismus ist, wie du siehst, keine Glaubensfrage, sondern eine empirisch beobachtbare Tatsache.

    Du kannst es ja gern mal testen, in dem du eine Protzvilla in Hellersdorf baust und ein 08/15 Häuschen mitten in Zehlendorf und dann schau mal, welche Preise du als Besitzer "festlegen" kannst.

  • VE
    Verpisst euch Provinzaffen!

    Wieso muß jeder beknackte "revolutiönäre" Berlintourist der für ein par Jahre herzieht das immergleiche Affentheater durchziehen? Ihr tazler unterstützt das noch. Wenn die Deppen in ihrem Provinznest bleiben würden, dann würden wir nicht die immer gleiche Mietnummer, Gentrifizierung genannt, bekommen. Stattdessen läuft es immer gleich ab: Erst kommen die "Künstler" von denen 98% ein paar jahre über ihr "Projekt" labern weil es irgendwo in Berlin billig ist und keiner fragt was sie eigentlich wirklich umsetzen, dann kommen die Linken weil es billig ist und man hier so fein faul und auf Kosten der Arbeiter rumsaufen und es Revolution nenen kann, dann kommen reichere Linke weil es so "spannend" ist, dann kommen die Studenten weil es so cool ist und man zuhause damit angeben kann wie verwegen man in Berlin lebt, dann kommen immer mehr von allem und am Ende verdrängen die Bio-Linken Grünen mit Kohle den Rest und machen auf "urban". Daraufhin spielen wieder die Provinzrevolutionäre "Hausbesetzung". Ich als Berliner hätte aber ganz gerne, daß statt den gesammelten Provinz-Pfosten die ein paar Jahre hier ihr Theater veranstalten bis die meisten wieder zum Häuslebauen wegziehen und die Abgestürzten hierlassen mal ganz normale Leute mit Familie in den Kiez ziehen und wir alle ein normales Leben haben inklusive der Vor- und Nachteile Berlins. Früher kam man wegen der Arbeit nach Berlin. Heute muß man deswegen als Berliner nach Bayern auswandern. Die freigewordene Wohnung nimmt dann die revolutionäre WG ein oder es verscherbelt sie ein Hamburger Makler an schwäbische Alt-68er die auch mal "spannend urban" leben wollen. Also ihr "Revolutionäre", werden echte arbeitende Kreuzberger oder verpisst euch zu Mutti nach Wanne-Eikel oder sonstwohin!

  • B
    broxx

    Sofort und hart räumen lassen!

    Hinterher den Besetzern ein Verfahren anhängen. Warum heißt der Eigentümer denn Eigentümer und das Ganze nicht Volkseigentum? Wenn ich meine Hand in eure Hosentasche stecke und anfange über eure Tasche zu verfügen, dann möchte ich eure Reaktion mal sehen...und nur weil sich einige das nicht leisten können wird verhindert.

  • HV
    Hausfriedensbrecher (unter Verdacht)

    Festgefahrene Dogmatismen und keine Auseinandersetzung mit dem Problem und den Aktivist_innen führen mal wieder zu Aussagen, die einfach absurd sind. Was hier die "Gegner" der Hausbesetzer_innen vorbringen entspricht in der Vielzahl nicht den Tatsachen, zeigt, dass der Artikel nicht richtig gelesen wurde und überhaupt kein Wissen über den tatsächlichen Leerstand und die Wohnungspolitik in Berlin und den Immobilienmarkt im Allgemeinen vorhanden ist.

     

    Augen auf beim Amoklauf!

  • B
    ber

    @Claudi: "Natürlich" sind hohe/steigende Mieten überhaupt nicht - sie werden von Immobesitzern festgelegt. Dort kann man auch ansetzen. Diesen dritten Weg der Mietensteuerung lässt du leider vollkomen weg.

     

    Es mag mit deiner (vermuteten) Marktgläubigkeit kollidieren, aber die Gewinnerwartungen von Firmen zu drosseln bzw. auf eine längere Zeitspanne zu verteilen, halte ich für legitim.

     

    Ich gebe dir recht - neue Wohnungen braucht Berlin ebenfalls - aber bezahlbare und im Zusammenspiel mit Regularien, die Mietentwicklungen im Umfeld kontrollierbar macht.

  • C
    @Claudi

    Die simplen Grundlagen sind in keiner der in der Friedrichshain-Kreuzberger BVV entscheidenden Parteien bekannt. Dort wurde vor kurzem von PDS/Grüne/Piraten wertvolles Bauland für ein paar Cent 10 Jahre lang an eine Gruppe von Dauercampern vermietet, weil auf einem Campingplatz mitten in der Stadt zu wohnen ein schützenswertes Kulturgut sei.

    Es wurde sogar ernsthaft behauptet, dass dadurch der Mieterhöhungsdruck verringert wird. Die Nachfrage in dem Kiez bleibt unverändert hoch, das Angebot unverändert niedrig und wird durch Verwendung von Bauland als Campingplatz künstlich niedrig gehalten und deswegen steigen in der Nachabrschaft die Mieten nicht mehr!! Alles klar!!

     

    @fiona ("Insofern heben im Durchschnitt Neubauten in Berlin die Mieten.") ist das beste Beispiel für diese Unwissenheit. Sie hat nicht verstanden, dass in Berlin die Mieten seit Jahren nicht deswegen steigen, weil es zu viele Neubauten gibt, sondern weil es zu wenige gibt.

  • Q
    quiddje

    @ickmalwieder:

    Selbst der Artikel gibt doch zu, dass hier Wohnraum GESCHAFFEN werden soll. Nur eben nicht zu den Preisen, die die Besetzer gene hätten und vermutlich für eine andere Klientel.

    Es wird nicht für Wohnraum demonstriert, sondern dagegen, dass Wohnraum für andere Leute geschaffen wird.

  • S
    sympathisant

    das wort "privat", das in "privateigentum" steckt, kommt vom lateinischen "privare" - klauen. und wer immer noch nicht glaubt, dass (kapital-)eigentum diebstahl ist, kann sich ja mal einen klassiker der wirtschaftsgeschichte reinziehen: "das kapital", band 1, z.b. das kapitel über die ursprüngliche akkumulation. das mensch das taz-leser_innen erklären muss...

     

    aber zum thema des artikels: die holländische lösung führt de facto kaum zu mehr besetzungen - aber zu einem immensen mehrangebot an bezahlbaren wohnungen. der grund ist ganz einfach - spekulant_innen und hausbesitzer_innen vermieten leerstehenden wohnraum lieber, haben damit einen vertrag und eine_n ansprechpartner_in, als das risiko einzugehen dass eine besetzer_innencombo die wohnungen entert. entsprechend wenig "revolutionär" sind im übrigen auch die meisten hausbesetzer_innen in unserm nachbarland. die sehen diese aktionsform weniger als einen (kleinen) schritt zu einer anderen gesellschaft, sondern wollen ganz einfach ein dach überm kopf.

  • C
    Claudi

    Es wundert nicht, dass das Märchen von "Neubau sorgt für Mietsteigerungen" in bestimmten ideologisch geprägten Gruppen zirkuliert, dass es daber Medien und bei manchen Politikern gepflegt wird, ist schon echt erstaunlich.

    Natürlich werden die Mieten in einem Neubau meist höher sein, als die in der Nachbarschaft. Aber grundsätlich bedeutet Neubau mit Blick auf die gesamte Stadt zusätzlicher Wohnraum. Es galt schon immer und gilt auch weiterhin, dass Mieten immer dann steigen, wenn mehr Menschen an einem Ort wohnen wollen als dort Wohnungen zur Verfügung stehen. Das heißt: Die Nachfrage übersteigt das Angebot. In desem Falle führen zwei Wege zur Preissenkung: a) Reduzierung der Nachfrage oder b) Steigerung des Angebotes. Punkt a) ist nicht praktikabel, dafür müsste Berlin z.B. eine Ein-Kind-Politik wie in China durchsetzen oder Einreisebschränkungen erlassen. Einzige Lösung ist also Punkt b), d.h. neue Wohnungen bauen. Die Form (schlicht, normal, luxus) des Angebots hat nur zweitrangig Einfluss auf das Preisniveau. Würden von heute auf morgen in Berlin 1 Mio. Luxuslofts mit goldenen Türklinken gebaut, gingen deren Mieten (und auch das allgemeine Mietniveau) drastisch in den Keller, weil es nicht genügend Nachfrager für das zusätzliche Angebot gäbe.

    Das alles sind keine hochwissenschaftlichen Geheimnisse, sondern fundamentale Basics, für die man nicht mal studieren muss. Das bekommt man schon in der Schule oder schlicht und einfach im täglichen Leben gelehrt. Wenn selbst Politikern, die Verantwortung in den Bezirken haben, solche Grundlagenkenntnisse fehlen, wie soll da bitteschön vernünftige Wohnungspolitik gemacht werden?

  • F
    fiona

    Es gibt in Berlin jede Menge Leerstand, vgl. auch http://www.leerstandsmelder.de/berlin

     

    @pablo: Jede Räumung, die nur aufgrund der "Berliner Linie" durchgeführt wird, ist eine rechtswidrige. Ohne Strafantrag der Hausbesitzenden darf die Polizei nicht tätig werden, es sei denn, es ist "Gefahr im Verzug". Das kann aber bei ein paar Menschen, die in einer Wohnung hocken, kaum der Fall sein. Insofern können wir bei dieser Art von Rechtsbeugung ziemlich genau sagen, wo die Kriminellen sitzen.

     

    @JR Ewing: Eine Gruppe aus dem Umfeld des Mietshäusersyndikats wollte vor 2 Jahren das Haus in der Weisestraße kaufen (!) - zu marktüblichem Preis. Der Eigentümer Conle verhandelte mit ihnen, um sich kurz vor Kauf dazu entscheiden, das Haus lieber fast leer stehen zu lassen.

    So steht es noch heute sinnlos leer, der Marktwert ist etwas gestiegen, und Conle kann Verluste abschreiben und warten, bis die Preise steigen.

     

    @Dhimitry: Und genau das Beispiel der Weisestr zeigt sehr deutlich, dass gerade die Nicht-gemeinschaftliche Nutzung von Wohnraum, sondern die Eigentumsbasierte Form des Wohnraums häufig zu einem Substanzverfall führt. Der Eigentümer Conle hat das Haus in der Weisestr, wie übrigens die meisten seiner Häuser bewußt verfallen lassen, um sie zu "entmieten". Haben alle Mietenden das Handtuch geschmissen, weil ihre Fenster kaputt sind, das Wasser nicht mehr funktioniert oder die Treppe zusammenbricht, dann kann Conle das Haus viel teurer verkaufen - ohne lästige Mietenden. Merke: Kapitalismus lebt davon, dass Sachen kaputt gehen.

    Wenn wir uns dagegen Hausprojekte mit gemeinschaftlicher Nutzung angucken, dann findet dort die genau gegensätzliche Praxis statt. Die Menschen, die dort wohnen, erhalten den Wohnraum, ohne dass erst einem Besitzenden mit dem Anwalt gedroht werden muss.

    Und das Weisestraßenbeispiel ist kein Einzelfall: Wenn ich bedenke, wieviel Zeit ich in meinem Leben verschwendet habe, von den Hausbesitzenden per Anwalt den Schutz ihres eigenen Eigentums einzufordern, könnte ich mir inzwischen fast selbst eine Eigentumswohnung leisten. Vermieter wie Conle kalkulieren ein, dass sie vor Gericht verlieren, aber können es sich leisten, es auszusitzen. Mietende haben in der Regel keinen so langen Atem, da sie sich a) die Anwälte nicht leisten können, b) nicht die zeitlichen Kapazitäten haben, um neben ihren Jobs noch einen Vollzeitjob im Vermieterverklagen ausführen können.

     

    @enzo aduro: das klingt zwar plausibel (und so schön "einfach"), ist aber in der Praxis leider nicht so. Neubauten sind in den wenigsten Fällen Neubauten für sozialen Wohnungsbau mit entsprechend geringen Mieten bzw Mietpreisbindungen, sondern zumeist hochpreisige Eigentumswohnungen. Insofern heben im Durchschnitt Neubauten in Berlin die Mieten.

  • K
    Kopfschüttler

    Da will auf der einen Seite ein Grundstücksbesitzer Wohnungen bauen in einer Stadt in der Wohnraum fehlt.

     

    Auf der anderen Seite gibt es einem kleinen Haufen "Aktivisten", die behaupten, sie würden die Allgemeinheit repräsentieren, und den Eigentümer von Sanierung/Neubau abhalten wollen für ihre ganz eigenen privaten Interessen, nämlich möglichst kostenlos/kostengünstig in einem baufälligen Haus wohnen zu können.

     

    Und dann gibt es noch einen scheinbar geistig verwirrten Bezirksbürgermeister, der nicht demjenigen applaudiert, der Wohnraum schaffen will, sondern denjenigen die ihn darin hindern wollen und die sich für egoistische Zwecke fremden Wohnraum aneignen wollen.

     

    So etwas ist nur in Berlin möglich. Diese Stadt wird es nie schaffen, auf eigenen Füßen zu stehen.

     

    Um dem blabla bzgl. Profitgier u.s.w. vorzubeugen: Völlig sinnloses Argument. Natürlich will derjenige, der Geld in ein Haus investiert, vielleicht auch Kredite aufnimmt, etwas daran verdienen. Wäre das nicht so, würde niemand mehr Häuser bauen. Für sozialen Wohnungsbau ist der Staat und nicht der Privatmann verantwortlich.

  • D
    Dhimitry

    Ich bin hin und her gerissen, was meine Meinung zu Besetzungen angeht.

     

    Wenn Wohnraum zu Spekulationszwecken leer steht, sind Besetzungen eine gute Idee und sollten, wie in Holland, toleriert werden.

     

    Wenn Wohnraum jedoch saniert wird oder neu gebaut wird, dann finde ich die Besetzungen nicht legitim.

     

    @ JR Ewing

    Wohnraum ist kein Gut wie jedes andere und kann daher nicht mit Schokolade zu vergleichen.

     

    @ mat

    Wie wollen Sie ohne Eigentum die "Tragik der Allmende" lösen? Leider führt die gemeinschaftliche Nutzung (auch von Wohnraum) häufig zu einem Substanzverfall und ist nicht die Besetzung einfach eine Eigentunsübertragung?

  • I
    ickmalwieder

    Grundgesetz Artikel 14 Absatz 2

    Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

    Wohnraumnot!!! Dies müsste doch reichen um die Besitzenden in ihre Pflicht zu nehmen und dass sie endlich zum Wohle der Allgemeinheit dienen.

  • S
    Schweizer

    "Nutzbarkeit" des Eigentums, JR Ewing, was verstehen Sie darunter?

  • S
    Sokrates

    @ Mat: das ist ja mal ganz was Neues.

    Was kommt noch?

    Leben ist Totschlag?

    Freiheit ist Einsperren?

    Ich weiß dass ich nichts weiß?

  • M
    mat

    Eigentum ist und bleibt Diebstahl.

  • JE
    JR Ewing

    Es ist selbst für ein Blatt wie die TAZ beschämend, ich welcher Goennermanier hier über Straftaten gegen fremdes Eigentum berichtet wird - hart an der Grenze zur Aufforderung zu Folgetaten. Dies beinhaltet nicht nur den Haufriedensbruch, sondern auch die Sachbeschädigung.

     

    Ebenso wie die Kriminellen sind die beiden Autoren eingeladen, eine der fraglichen Immobilien kaeuflich zu erwerben und danach darin was immer zu veranstalten oder zu behausen. Meinethalben auch das Redaktionsgebaeude oder ihre Privatwohnung zur Verfügung zu stellen. Aber es ist infam, die Polizei implizit dafür zu kritisieren, dass sie privates Eigentum schützt und seine Nutzbarkeit gewaehrleistet. Wo kamen wir hin, wen jeder im Supermarkt die Lindt-Schokolade aufessen könnte, weil sie ihm zu teuer zum Kaufen ist?

     

    Der polizeiliche Umgang mit solchen Besetzern, soweit er tatsaechlich dem Artikel entspricht, ist einwandfrei.

  • P
    pablo

    das ganze hört sich so an als ob die Polizei ohne Kenntnis der Eigentümer räumen tut. Ist das so in Berlin? In Hamburg muss erst der Eigentümer sein okay geben auch wenn die Stadt der Eigentümer ist muss diese erst die Räumung anordnen bzw. wollen.

  • EA
    enzo aduro

    Neubau erhöht die Mieten nicht. Und wenn dann nur lokal. Innenstadtweit wirkt Neubau senkend.

     

    Wir müssen viel mehr Neu bauen.

     

    Jede sinnlose Baulücke. Jede kahl stehende Brandschutzmauer (wenn nicht gerade gen Norden), jeder Eingeschosser ist eine unnötige Mieterhöhung!

     

    Es gibt sooo viel platz in der Innenstadt.