Bernhard Pötter über Betrug beim Klimaschutz: Klima-Kapitalismus? Aber sicher
Kann man mit dem Kapitalismus das Klima retten? Wer meint, das gehe ohnehin nicht, wird sich durch den jüngsten Skandal bei den „Joint Implementation“ nur bestätigt sehen: Sobald mit ominösen „Marktmechanismen“ beim Klimaschutz Geld zu verdienen ist, tauchen die Betrüger auf und ruinieren die schöne Idee vom grünen Kapitalismus.
Aber Vorsicht: Hier waren es nicht gierige Multis, sondern Behörden und Regierungen, die den Betrug möglich machten. Außerdem haben alle UN-Staaten den Regeln zugestimmt, die die „heiße Luft“ im Osten Europas erst möglich machten.
Alle wussten, dass dieser globale Handel mit Emissionen anfällig ist für Schlupflöcher und Korruption, egal ob in China, Vietnam, Russland oder Deutschland, wo auch schon Kriminelle mit CO2-Zertifikaten gedealt haben.
Die faulen Tricks gab es dort, wo die Staaten ihre eigenen Regeln machen konnten – weil Überwachung im Konsens der UNO nicht durchzusetzen war. Das ist eine große Gefahr für ein globales Klimaabkommen in Paris: Ohne Transparenz und Kontrolle werden diese „Marktmechanismen“ zu einem Milliardenmarkt der Abzocker. Wenn also die EU, aber zunehmend auch China und die USA ein Interesse am Emissionshandel haben, müssen sie scharfe Regeln dafür aufstellen.
An einem weltweiten Markt für Kohlenstoff führt kein Weg vorbei. Wer meint, man könne globalen Klimaschutz allein durch Gesetze erreichen, verkennt die Interessen unter den 193 UN-Staaten und verlässt sich auf die Sonntagsreden der Politiker. Aber dieser Markt braucht harte Strafen für Verstöße. Wenn er bei der Klimakonferenz in Paris Gestalt annähme, wäre das mehr wert als alle wohlfeilen Schwüre zum Klimaschutz, die wir wieder hören werden. Der Kapitalismus kann sehr wohl helfen, das Klima zu retten. Man darf ihm nur nicht vertrauen, man muss ihn kontrollieren.
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