Berlins schwarz-rote Landesregierung: Senat setzt auf Sondergremium
Eine Taskforce soll bei der Unterbringung von 12.000 weiteren Flüchtlingen bis Jahresende helfen. Nach der Senatsklausur im Juni soll sie starten.
![Das Foto zeigt Berlins neue Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) Das Foto zeigt Berlins neue Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD)](https://taz.de/picture/6269854/14/408670471-1.jpeg)
Laut Kiziltepe wird Berlin bis Jahresende rund 12.000 weitere Flüchtlinge unterbringen müssen. Derzeit reichen die verfügbaren Plätze teils nur für eine Notunterbringung aus: Im als reines Ankunftszentrum gedachten Ex-Flughafen Tegel, wo Flüchtlinge nur wenige Tage bleiben sollten, leben sie laut Kiziltepe derzeit durchschnittlich vier Monate. Angestrebt ist offenbar, schnellstmöglich drei weitere Gebäude des Typs „Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge“, kurz Mufs, zu bauen. Kiziltepe ließ auf eine entsprechende Frage hin offen, ob diese noch bis Ende dieses Jahres fertig werden könnten.
Sie drängte auf eine gleichmäßige Verteilung der neuen Flüchtlinge auf die ganze Stadt und alle zwölf Bezirke – das wären dann jeweils 1.000. Sie kritisierte, dass bislang nicht alle Bezirke ihrer Verantwortung nachkommen würden, und wurde auf Nachfrage hin konkreter: „Friedrichshain-Kreuzberg, mein ehemaliger Wahlkreis, könnte da noch ein bisschen mehr Engagement zeigen.“
Der Tegeler Ex-Flughafen wird dabei auch längerfristig eine wichtige Rolle spielen. Noch der rot-grün-rote Senat hatte in seiner letzten Sitzung am 25. April beschlossen, das dortige Terminal C bis mindestens Ende September zu nutzen, und zudem eine Option auf Verlängerung bis Jahresende eingeräumt. Die damals noch Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kündigte dabei schon an, dass das mutmaßlich nicht reichen werde und das Terminal bis ins Jahr 2024 hinein genutzt wird. Die Planung für die Folgenutzung des Ex-Flughafens sollte nach ihren Worten nicht davon betroffen sein.
Dass die Flüchtlinge dort statt weniger Tage durchschnittlich vier Monate verbringen, „das geht einfach nicht“, sagte Senatorin Kiziltepe am Dienstag. Hinnehmen mag sie auch nicht, dass derzeit 1.600 Flüchtlingskinder aus Platzmangel keinen regulären Unterricht in einer Schule hätten. Sie hofft auf ein Sonderbaurecht, auf das sich die 16 Ministerpräsidenten beim Flüchtlingsgipfel mit dem Kanzler vergangene Woche einigten. Wie beim Sonderbaurecht für Flüchtlingsunterkünfte würde das auch den Schulbau beschleunigen. Neue Schulen sollen aus ihrer Sicht möglichst nahe bei den neuen Unterkünften entstehen.
Kiziltepe zeigte sich aber enttäuscht, dass die Bundesregierung bei dem Treffen mit den Ländern lediglich eine Milliarde Euro zusätzlich für die Flüchtlingskosten angeboten hat. Der Berliner Anteil daran beträgt 50 Millionen – „das ist leider ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte die Senatorin. Auch Regierungschef Wegner war nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis des Gipfels: „Ich hätte mir mehr gewünscht“, hatte er am Donnerstag im Abgeordnetenhaus gesagt. Er zeigte sich nach seiner ersten Teilnahme an der Ministerpräsidentenkonferenz aber beeindruckt von der Einigkeit aller Landesregierungen jenseits von Parteifarben.
Kiziltepe hoffte am Dienstag darauf, dass der Betrag noch der jeweiligen Entwicklung angepasst wird, wie beim Flüchtlingsgipfel ebenfalls diskutiert. Ein „atmendes Finanzierungsmodell“ hatte das vorige Woche Finanzsenator Stefan Evers (CDU) genannt. Nach seinen Zahlen gab das Land Berlin 2021 Land Berlin im vergangenen Jahr 943,7 Millionen Euro für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen aus und bekam vom Bund 213,3 Millionen davon erstattet, also weniger als ein Viertel.
Wo der Senat im Juni in Klausur geht und sich dort auch mit dem Flüchtlingsthema befasst, mochte Regierungssprecher Michael Ginsburg noch nicht sagen. Der rot-grün-rote Senat hatte zu Beginn seiner Amtszeit im Januar 2022 westlich von Berlin im Landgut Stober bei Nauen getagt.
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