Berliner Stromnetz: Die Hälfte oder ein bisschen mehr
Im Falle einer Teilrekommunalisierung des Stromnetzes soll das Land Mehrheitseigner sein. Der Opposition geht dieser Kompromiss der Koalitionspartner SPD und CDU nicht weit genug.
Aus den Reihen der Opposition im Abgeordnetenhaus kommt Kritik am rot-schwarzen Beschluss zur Neuvergabe der Stromnetzkonzession. „Die Koalition hat nicht überlegt, was energiepolitisch sinnvoll ist, sondern hat sich ideologisch für ein Konstrukt entschieden“, sagt Michael Schäfer, energiepolitischer Sprecher der Grünen, der taz. Er befürchtet, dass das Land von einem Konzern über den Tisch gezogen werden könnte.
Die Regierungskoalition hat sich darauf geeinigt, dass das Land „dauerhaft mindestens 51 Prozent der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte“ halten muss, wenn es mit einem anderen Betreiber kooperiert. Die Möglichkeit ergibt sich, weil die Entscheidung ansteht, wer ab 2015 das Berliner Stromnetz betreiben darf. Somit wäre das „Hamburger Modell“, bei dem Vattenfall knapp drei Viertel der Anteile hält, vom Tisch. Damit liebäugelte der bisherige Netzbetreiber, eine Minderheitsbeteiligung schließt er bisher aus.
Die Koalitionsfraktionen haben angekündigt, weiter mit den Initiatoren des Volksbegehrens „Neue Energie für Berlin“ zu sprechen. Es seien auch viele offene Fragen zu klären, sagt Stefan Taschner, Sprecher des Berliner Energietischs. Ihn verwundert es, dass SPD und CDU zum Thema Stadtwerke kein Wort verlieren. Der Energietisch will nämlich nicht nur erreichen, dass das Land das Stromnetz allein betreibt. Das Bündnis fordert auch die Gründung von Öko-Stadtwerken. „Wir freuen uns, dass wir dem Koalitionspartner abringen konnten, dass wir uns überhaupt kommunal betätigen wollen“, sagt Daniel Buchholz, energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Der Koalitionspartner CDU will am liebsten gar keine Rekommunalisierung.
Damit der berlineigene Betrieb „Berlin Energie“ als Bewerber überhaupt eine Chance hat, soll er ein Budget von insgesamt 195.000 Euro für 2012 und 2013 bekommen. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll die zweite Stufe des Vergabeverfahrens starten. Die genauen Kriterien für die detaillierteren Bewerbungen sind noch nicht entwickelt. Im Koalitionsbeschluss von Dienstag heißt es vage: „Die Netze sollen dezentrale Energieeinspeisung ermöglichen und nachhaltig die Klimaschutzstrategie Berlins unterstützen.“ Parallel dazu bereitet sich der Energietisch auf die zweite Stufe des Volksbegehrens vor. Die Aktivisten rechnen damit, dass sie ab Mitte Februar Unterschriften für einen Volksentscheid sammeln.
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