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Berliner Sex-Hundertschaft in HamburgRandale-Cops werden abgeschoben

Sex in der Öffentlichkeit, Rudel-Pinkeln, Rumspielen mit der Dienstwaffe: Die Polizeiführung schickt drei Berliner Hundertschaften nach Hause

Fehlstart: Die Berliner Hundertschaft muss noch vor dem Gipfel nach Hause Foto: Christian Mang/dpa

HAMBURG | taz Skandal für die Berliner Polizei: Der Hamburger G-20-Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde hat am Montagabend drei Einsatzhundertschaften der Berliner Bereitschaftspolizei vorzeitig an die Spree nach Hause geschickt. Dabei waren sie erst am Sonntag zur Verstärkung für den Objektschutz nach Hamburg geordert worden. Der Grund für die vorzeitige Heimreise: Es habe in der Unterkunft in Bad Segeberg ein „unangemessenes und inakzeptables Verhalten“ gegeben, sagte ein Hamburger Polizeisprecher – eine Umschreibung für Alkoholexzesse, wilde Sexorgien und Sachbeschädigungen.

Eigentlich sollten die drei Einheiten bis Mittwoch in Hamburg im Einsatz bleiben. Doch Dudde hatte wohl Angst, dass die Berliner Truppen auch im Einsatz in Hamburg außer Rand und Band geraten könnten.

Die 220 PolizistInnen waren in der ehemaligen Container-Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände der Lettow-Vorbeck-Kaserne am Eingang des Levo-Parks in Bad Segeberg untergebracht. Das Wachpersonal hatte laut einem Bericht der Berliner Morgenpost beobachtet, wie ein Polizisten-Pärchen ungehemmt in der Öffentlichkeit Geschlechtsverkehr am Zaun der Unterkunft hatte. Zudem soll eine Beamtin – nur im Bademantel bekleidet – auf einer Party vor ihren Kollegen mit einer Dienstwaffe in der Hand auf einem Tisch getanzt haben.

Die feuchtfröhliche, laute Party in der Nacht zu Montag, bei der von Polizisten auch ungeniert in Reihen an den Zaun gepinkelt worden war und auch einiges Mobiliar zu Bruch gegangen ist, soll bis morgens 6.30 Uhr gedauert haben – trotz Protesten von Kollegen aus dem nordrhein-westfälischen Wuppertal, die um 3.30 Uhr mit ihrer Hundertschaft Dienstbeginn hatten und ebenfalls auf dem Kasernengelände untergebracht waren.

Ohne Fernseher aufeinandergehockt

Als Entschuldigung wird von den Berlinern vorgebracht, dass man sich gelangweilt und ohne Fernseher und Freizeitangebot aufeinander gehockt habe.

„Es ist einfach nur beschämend, wie sich die Kollegen dort verhalten haben“, sagte Berlins Polizeisprecher Thomas Neuendorf zu dem Vorfall und Rauswurf. „Wenn die Hamburger Polizei sagt, wir haben kein Vertrauen mehr zu den Berliner Kräften, ist das schon peinlich“, sagte Neuendorf. Es müsse jetzt geschaut werden, wer dafür die Verantwortung trage.

Eine Beamtin soll nur im Bademantel bekleidet und mit einer Dienstwaffe in der Hand auf einem Tisch getanzt haben

Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt soll wegen des Verhaltens der drei Hundertschaften aufgebracht sein. Von den Beamten seien Stellungnahmen angefordert und ihnen Konsequenzen angedroht worden. Wie viele Beamte an den Exzessen beteiligt gewesen seien, sei aber noch unklar.

Saufgelage sind offenbar keine Seltenheit

Dass es bei auswärtigen Einsätzen von geschlossenen Einheiten, die für einige den Charakter einer Urlaubs- oder Klassenfahrt haben, zu derartigen Exzessen kommt, ist laut Polizei-Insidern keine Seltenheit. So randalierte vor ein paar Jahren bei einem Saufgelage eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei aus Sachsen-Anhalt, die im Golf-Hotel Steigenberger-Treudelberg in Hamburg-Lemsahl untergebracht war. Die Polizisten störten eine Hochzeit und latschten besoffen in dem Vier-Sterne-Hotel mit Badeklamotten durch die Gänge. Auch Hamburger Polizisten haben sich in der Vergangenheit schon durch Alkoholorgien bei auswärtigen Einsätzen hervorgetan.

Am Sonntag waren die Berliner Einheiten vor allem für Patrouillenfahrten und Raumschutz in den Hamburger Stadtteilen Altona und St. Pauli eingesetzt.

Insgesamt sind 1.000 Polizisten aus Berlin rotierend im Gipfeleinsatz. Gerüchten zufolge war die Partyfreudigkeit der Berliner Polizisten außerhalb der Dienstzeit dem Hamburger Einsatzleiter Dudde schon aus Castor-Einsätzen in Gorleben bekannt. Er habe deshalb die Unterbringung in einer bewachten Unterkunft angeordnet sowie das Wachpersonal aufgefordert, Verstöße zu melden.

Der für den G-20-Gipfel zuständige Hamburger Staatsrat, Wolfgang Schmidt (SPD), sagte dazu am Dienstag: „Wir legen Wert auf gutes Benehmen – bei allen. Da hat es offenbar ein paar Probleme gegeben.“

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10 Kommentare

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  • "Stell dir vor es ist G20-Gipfel und die Polizei geht lieber feiern!"

    Oder "Kein Bock auf Stunk, ich mach lieber einen drauf"

    Sehr gut. Das ist der new way der Konfliktprävention. Ich würde mir wünschen, dass alle Bereitschaftspolizisten und -Innen die nächsten Tage so hart feiern, dass sie nach Hause geschickt werden. Also liebe G20-Blocker statt Mollies werfen, lieber den Kollegen von der Polizei nen Kasten Bier vor die Tür stellen.

  • Nun mal nicht neidisch werden und schön locker bleiben.

    Das ist doch pinaz, was sonst so abläuft.

    Gönnt ihnen doch das sexeln.

    Was für eine verlogene und verschrobene Gesellschaft, so wie es

    bei den Amis ist.

  • Interessant ist übrigens, dass es kaum Thema ist, dass es Kolleg*innen, (die hamburger?) gewesen sein müssen, die die Bilder gemacht und an die Presse durchgestochen haben.

     

    Wohlgemerkt: hier haben Polizist*innen in ihrer Freizeit (man müsste es fett schreiben können) über die Stränge geschlagen...!

     

    Solch eine "Liebe" zur Aufdeckung von falschem Verhalten bei Polizst*innen wünsche ich mir regelmässig vor Gericht, wenn es um echte Straftaten im Dienst geht!!!

     

    Da bleibt sie aber seltsamerweise aus. Warum nur??

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Eigentlich müssten Linke es mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen wenn die Sitten bei der Polizei verlottern.

     

    Aber es scheint als brauche die moderne Linke eine gut sortierte Welt, ganz so wie sie ihrem Wltbild entspricht. Der Bulle hat da gefälligst ein prüder Spießbürger zu sein. Das wär doch was, Berliner Polizisten die in Hamburgs Kasernen penibel den Rasen mähen, damit es ihre Gartenzwerge schöner haben!

     

    Und so zeigt sich mal wieder was Kommentatoren schon lange hämisch rufen. Die Erben der 68er sind die neuen Spießer...

  • Zitat: „Es müsse jetzt geschaut werden, wer dafür die Verantwortung trage.“

     

    Ja, schaun' wir mal. Aber schau' wir bitte mal genau. Wenn „auswärtige[] Einsätze[]“ für „geschlossene[] Einheiten“ nicht selten den „Charakter einer Urlaubs- oder Klassenfahrt haben“, zu denen „derartige[] Exzesse[]“ offenbar gehören wie der Hintern auf die Klobrille, dann könnte das gewisse strukturelle Gründe haben. Ich denke da an die hierarchische Organisation der Polizei und die Tatsache, dass man sich für den Dienst in Blau-Weiß freiwillig entscheiden muss.

     

    Leute, die sich auf einen Polizisten-Job bewerben, dürfen mit autoritären Zuständen kein Problem haben. Im Rahmen ihres Dienstes lässt man sie kaum eigene Entscheidungen treffen. Sie müssen sich statt dessen kommandieren lassen. Kommandieren aber lässt sich freiwillig nur der, der es von Kindheit so sehr gewöhnt ist, dass er Kommandos für normal hält – oder froh, nicht eigenverantwortlich handeln zu brauchen.

     

    Viel Polizisten, schätze ich, sind nie richtig erwachsen geworden. Wenn sie sich in ihrer dienstfreien Zeit benehmen wie Schüler auf Klassenfahrt, dann wahrscheinlich weil man sie Zeit ihres Lebens wie Schulkinder behandelt hat.

     

    Das Bedürfnis, ab und an über die Stränge zu schlagen, wenn man als (beinahe) Erwachsener an einer „kurzen Leine“ geführt wird, hat den Katholiken den Karneval eingebracht, hört man, der auch „die drei tollen Tage“ heißt. Vielleicht sollte Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt also von den diversen Päpsten der Geschichte siegen lernen, statt „aufgebracht“ zu sein.

     

    Ich schlage vor, er organisiert alljährlich für seine Untergebenen einen dreiwöchigen Ballermann-Trip. Von mir aus auf Kosten des Steuerzahlers. „In den Griff“ kriegt er die menschliche Psyche anders nämlich nicht. Weil: Dass es bei der Polizei irgendwann ohne Befehl und gehorsam abgeht, kann ich mir nicht vorstellen.

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Soso, Polizisten handeln nicht eigenverantwortlich, alles nur Befehl und Gehorsam.

       

      Die ganze Ausbildung die darauf abzielt, dass Polizisten eben doch auf Streife etc. eigenverantwortlich handeln ist demnach Show.

       

      Sie verallgemeinern gerade die Situation bei Demos und Großveranstaltungen. Der Standardfall sind aber zwei Polizist*innen auf Streife denen niemand sagt was konkret zu tun ist...

  • Berliner Polizei, noch nicht so lange her, Anis Amris http://www.sueddeutsche.de/politik/eil-berliner-polizei-soll-akte-anis-amris-manipuliert-haben-1.3510652

     

    Über das Klassenfahrtverhalten könnte man den Kopf schütteln und weiter machen, aber es wird klar dass es ein Kompetenz und Haltungsproblem gibt bei der Berliner Polizei, Teil der Berliner Administration.

     

    Ja man muss es sagen, wenn solche Menschen einen Flughafen bauen kommt so was wie der BER raus.

     

    Was kann man tun?

     

    Erstens das Problem benennen und zweitens wichtige Positionen in allen Bereichen mit Personen besetzen die Kompetenz ausserhalb von Berlin bewiesen haben.

  • "Als Entschuldigung wird von den Berlinern vorgebracht, dass man sich gelangweilt und ohne Fernseher und Freizeitangebot aufeinander gehockt habe."

     

    Alles in Butter, die Stadt ist sicher auch dank der lieben Berliner PolizistInnen. Aber von mir aus können sie kaserniert über die Strenge schlagen, schlimmer erscheint mir, was die wohl mit ihrer Langeweile anstellen könnten, wenn sie auf linke Demonstranten treffen?

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @Andreas_2020:

      Die linken Demonstranten machen auch einen Fehler. Anstatt mit irgendwas ekligem zu schmeißen sollten sie mal probieren n Bierchen anzubieten!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    Rudel-Pinkeln, wie geil.