Berliner Schutzeinrichtung: Nachspiel einer Frauenhaus-Durchsuchung
Die Verwaltung prüft das Vorgehen von Beamt*innen in einer Schutzeinrichtung Ende April. Generell müssen diese die Polizei aber reinlassen.

Das Frauenhaus hatte nach der Durchsuchung eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt – und im Rahmen dieser Beschwerde überprüft der Senat nun „das individuelle Verhalten der Einsatzkräfte vor Ort“ sowie „die allgemeinen Regelungen zum Verwaltungshandeln“. Außerdem sollen die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen BIG e. V. und die Polizei sich über den Vorfall austauschen, „um die grundsätzliche Zusammenarbeit in vergleichbaren Situationen zu besprechen“.
Spezielle Dienstanweisungen zu Durchsuchungen in Frauenhäusern bestehen laut Innenverwaltung nicht. Die Einsatzkräfte der Polizei Berlin seien aber grundsätzlich gehalten, bei ihren Maßnahmen „die besondere Schutzbedürftigkeit verschiedener Personengruppen zu berücksichtigen“, heißt es in der Antwort. Auch sei es unzulässig, eine Durchsuchung über die bezeichneten Räume hinaus auszuweiten. „Bei Räumen, die – wie etwa ein Frauenhaus – von mehreren Personen genutzt werden, ist eine genaue Abgrenzung erforderlich“, bekräftigt die Verwaltung.
Doch hier haben Polizist*innen Ende April möglicherweise Zuständigkeiten überschritten: Als die Polizei kam, war in der Schutzeinrichtung deren Angaben zufolge nur eine studentische Hilfskraft anwesend. Diese habe die Polizei gebeten, mit der Durchsuchung bis zum Eintreffen der Leiterin zu warten, da sie selbst gar nicht Einsicht in die Akten der Bewohner*innen habe. Laut Darstellung des Frauenhauses hatten die Beamt*innen daraufhin versucht, sich mit dem Fuß in der Tür Zutritt zu verschaffen und auch damit gedroht, das ganze Haus zu durchsuchen.
Verhalten unverhältnismäßig
„Das Verhalten der Beamt*innen bei der Hausdurchsuchung im Frauenhaus – Fuß in die Eingangstür stellen, mit der Durchsuchung des gesamten Hauses drohen – war unverhältnismäßig“, kritisiert Haghanipour. Sie ist gleichstellungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Abgeordnetenhaus. „Frauen im Frauenhaus sind maximal verletzlich“, sagte sie. „Die Einsatzkräfte der Polizei Berlin müssen die besondere Schutzbedürftigkeit verschiedener Personengruppen berücksichtigen.“
Das Frauenhaus hatte den Einsatz im Nachgang kritisiert und den Beamt*innen vorgeworfen, die Sicherheit der Bewohner*innen aufs Spiel gesetzt zu haben – noch dazu wegen „einer Lappalie“. Außerdem seien die Beamt*innen nicht „anfrageberechtigt“ gewesen – also nicht Teil der Gruppe von 77 Polizist*innen, die den Frauenhäusern namentlich bekannt sind. Mit dieser Liste soll vermieden werden, dass Anrufer*innen sich Schutzeinrichtungen gegenüber als Polizist*innen ausgeben, um an Infos zu gelangen.
Haghanipour begrüßt, dass die Senatsverwaltung den Vorgang nun untersucht. „Wir erwarten eine umfassende Aufklärung und Konsequenzen, damit sich ein solcher Vorgang nicht wiederholt“, sagte sie. Frauenschutz sei nicht verhandelbar – wegen eines Betrugsfalls von 2.500 Euro so vorzugehen, das „ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen“, kritisierte die Politikerin.
„Auch Einsatzkräfte der Polizei dürfen nur in bestimmten Fällen Frauenhäuser betreten“, bekräftigt auch ihre Parteikollegin und Sprecherin für Rechtspolitik, Petra Vandrey. „Wir fordern einen sensiblen Umgang mit Frauenhäusern“, sagte sie. Frauen, die Gewalt erlebt haben, dürften nicht retraumatisiert werden.
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