Berliner Polizei erfindet illegalen Club: Ab durch den Kühlschrank
Eine Polizeieinheit hebt einen vermeintlich illegalen Club aus und prahlt damit auf Facebook. Doch die Behauptung der Beamten stimmt nicht ganz.
Dabei erging sich die Polizei Berlin in sarkastischen Ratschlägen gegenüber den BetreiberInnen des vermeintlich versteckten Etablissements: „An dieser Stelle vielleicht ein kleiner Life-Hack: Wenn Sie einen Kühlschrank zu einer Geheimtür umbauen, um damit den Zugang zu den Räumen eines dahinter liegenden Privatclubs zu verstecken – nehmen Sie ruhig etwas unauffälligeres als einen halben Kühlschrank mit halben Bierkästen im Inneren.“
Dabei ist das, was die Polizei glaubt, hier als schlechtes Versteck enttarnt zu haben, schlicht das Clubkonzept des Melancholie 2. Der Betreiber äußert sich dazu auf Facebook wie folgt:„Jeder weiß um diesen Club und auch um den Gag mit dem Kühlschrank. Es steht überall. Auch die Polizei weiß es natürlich“, heißt es auf ihrer Seite. Tatsächlich dürfte der Club einer größeren Anzahl von BerlinerInnen bekannt sein. Vor Corona war das Straßenbild hier regelmäßig durch Menschentrauben geprägt, die auf Einlass ins „Melancholie 2“ warteten.
Weiter schrieb die Polizei in ihrem Post von einer großen Menge Drogen, die sichergestellt wurde. Um welche Substanzen es sich dabei genau handelte, vermochte die Pressestelle der Polizei aber nicht zu sagen. Laut Betreiber eines Spätkaufs handle es sich hierbei um CBD, also um Cannabidiol, einen legalen Stoff, dessen Wirksamkeit sogar in der Apothekenumschau diskutiert wird. In einem Update zum fraglichen Post schreibt die Berliner Polizei nun vom Fund „betäubungsmittelsuspekter Substanzen“. Eine Rückfrage bei der zuständigen Polizeidirektion zur Zusammensetzung der gefundenen Substanzen wurde durch die Beamten am frühen Montagabend jedoch nicht beantwortet.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Berliner Polizei während der Coronapandemie ihr Vorgehen gegen legale Clubkonzepte auf Social Media mit fragwürdigem Humor der Öffentlichkeit präsentiert. Ein ähnliches Vorgehen war bereits anlässlich einer angeblichen „Fetischparty“ zu beobachten, die Ende Oktober von der Polizei aufgelöst wurde, weil gegen Coronaregeln verstoßen worden sei. Auch hierbei fiel der süffisante Ton auf, in dem die Polizei den Einsatz auf Twitter präsentierte.
Die VeranstalterInnen widersprachen damals der Darstellung der Polizei und kritisierten, die BeamtInnen versuchten mit dem Hinweis auf den vermeintlichen Fetischcharakter die Veranstaltung zu skandalisieren. Auch dass gegen Coronaregeln verstoßen wurde, bestritten die VeranstalterInnen. Nach der Kritik vieler UserInnen änderte die Polizei damals ihren Post. Eine Entschuldigung gab es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen