Berliner Nachtleben: Die Zeit läuft gegen die Clubs
Die Rettung des Kulturprojekts schien sicher, doch Senat und Bezirk sind uneins über die Kosten notwendiger Sanierungen. Auch die Zukunft der Magdalena bleibt offen.
Wieviel sind Zusagen der Politik wert, wenn es um Grundstücke am Spreeufer geht? Offenbar nicht viel. Denn anders als vor einem Jahr versprochen, ist die Rettung des dortigen Reggae-Clubs Yaam nicht sicher. Und der Club Magdalena, früher als Maria bekannt, steht vor dem Aus. Beides hängt zusammen. Und für eine Rettung bleiben nur noch wenige Wochen.
Im November 2012 hatten sich Senat und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit dem Yaam darauf geeinigt, dass der Club Anfang 2014 in die nah gelegene Magdalena direkt an der Schillingbrücke umzieht. Hintergrund war der geplante Verkauf des Yaam-Geländes durch dessen spanischen Eigentümer.
Für den Deal mit dem Yaam war nur eine vermeintliche Formalie nötig: Das Grundstück mit der Magdalena, das dem landeseigenen Liegenschaftsfonds gehörte, sollte an den Bezirk übertragen werden. Der erste Schritt dazu erfolgte auch: Der Aufsichtsrat des Fonds stimmte Anfang 2013 zu. Abnicken muss das jedoch auch der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses.
„Wir gehen davon aus, dass das ’Go‘ des Ausschusses noch in diesem Jahr kommt“, sagt Ortwin Rau, Vorsitzender des Vereins, der das Yaam führt. Das ist auch nötig, denn sonst wird es schwierig, das Programm ab Februar zu planen. Eine Fristverlängerung am jetzigen Standort sei ausgeschlossen, betont Yaam-Vorstand Jan Lerch.
Bisher konnte über die Rückübertragung aber nicht abgestimmt werden, weil die Senatsverwaltung für Finanzen keine Vorlage eingereicht hat, berichtet Jochen Esser (Grüne), Mitglied des Ausschusses. Damit sei alles blockiert, und das wohl längerfristig. „Leidtragender ist das Yaam“, so Esser.
Nicht nur. Auch der Club Magdalena möchte gern noch länger am bisherigen Ort bleiben – oder rasch ein Ersatzgrundstück beziehen – und hat deswegen einen Rettungsaufruf über Facebook gestartet. Zwar würde der Technoclub auf den ersten Blick davon profitieren, wenn das Yaam nicht wie vereinbart zum 1. Februar dort einziehen kann. Allerdings scheint eine angestrebte Verlängerung des Mietvertrags, der am 31. Januar ausläuft, unmöglich: Vertragspartner war bisher der Liegenschaftsfonds. Der hat, so seine Sprecherin Irina Dähne, mit der Immobilie nichts mehr zu tun.
Rund 5 Millionen nötig
Hintergrund der Blockade im Vermögensausschuss ist ein Streit zwischen der Finanzverwaltung und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, wer bei einer Rückübertragung die Kosten für die nötige Ufersanierung übernehmen muss. Beide Seiten sträuben sich, das Geld für die rund 5 Millionen Euro teure Maßnahme aufzubringen. „Das ist auch ein Spielchen zwischen einem grün-dominierten Bezirk und einer Großen Koalition“, sagt Steffen Zillich, für die Linkspartei im Vermögensausschuss.
Damit dürfte er richtig liegen. Die Finanzverwaltung etwa sieht derzeit den Bezirk am Zug: Zuerst müsse dieser noch einige Fragen der Mitglieder des Vermögensausschusses klären, teilt Jens Metzger, Sprecher der Finanzverwaltung, mit. Die Haltung des Bezirks ist unklar: Der zuständige Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Unterdessen betonen Yaam und Magdalena, dass sie sich nicht gegeneinander ausspielen lassen wollen. „Es gibt hier kein Yaam versus Magdalena“, betont Ortwin Rau, vielmehr handle es sich um Versäumnisse der Politik. Und Marco Archidiacono, Rettungsbeauftragter der Magdalena, erklärt, dass man über eine eventuelle gemeinsame Nutzung ihres Clubs nachdenken könne. Auch eine gemeinsame Pressekonferenz sei geplant, um auf die Lage der Clubs am Spreeufer aufmerksam zu machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Tierkostüme als Gefahr aus dem Westen
Wenn Kinderspiele zum Politikum werden