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Berliner LandesparteitageDer SPD fehlt einfach die klare Botschaft

Kommentar von

Stefan Alberti

Die Abgeordnetenhauswahl 2026 läuft nach jetzigem Stand auf ein Duell zwischen Regierungschef Kai Wegner von der CDU und der Linken Elif Eralp hinaus.

Eralp und Krach wollen dort rein, Wegner will drin bleiben: das Rote Rathaus, Sitz des Berliner Regierungschefs – oder der Chefin Foto: Imago/joko

M an muss kein Freund der Linkspartei und ihrer Spitzenkandidatin sein um festzustellen: Elif Eralp hat recht. Jedenfalls in der Hinsicht, dass sie sich im Wahlkampf auf CDU-Regierungschef Kai Wegner konzentriert und alle anderen ignoriert, die auch ins Rote Rathaus wollen. Denn die erscheinen aktuell chancenlos.

Die Landesparteitage von Linkspartei und SPD am Wochenende haben eines klar gezeigt. Dass nämlich der SPD bei allen Bemühungen ihres Spitzenkandidaten Steffen Krach weiter etwas fehlt: die große Botschaft als Anreiz, ihn und seine SPD zu wählen, um Wegner abzulösen – und eben nicht Eralp.

Fast eineinhalb Stunden lang, so berichtet es die taz von seiner Rede, „pflügte Krach einmal quer durchs landes- und bundespolitische Gemüsebeet“. Da war alles drin, was ein SPD-Programm gerne mit Spiegelstrichen auflistet: Mieten, Mobilität, Wirtschafts- und Familienpolitik, Sauberkeit, Stadtbild-Debatte, soziale Gerechtigkeit, Klimaresilienz, Kampf gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt.

In irgendeiner Form bietet Eralp das auch an. Aber sie hat vor allem eine große Botschaft: Wer Wegner und all denen bei der Wahl im September 2026 weh tun will, die gerade Macht, Geld und Einfluss haben, der ist bei mir genau richtig. Eralp kann auf einer Frust-Welle schwimmen, die ihre Linkspartei schon zu Jahresbeginn bei der Bundestagswahl zu nutzen wusste. Genauso klar ist Wegners Botschaft als Amtsinhaber: Ich bin der Berlinversteher, das Bollwerk gegen jeglichen Extremismus, und bringe die Stadt in Ordnung – aber ich brauche noch Zeit, um Rest-Widerstände zu überwinden.

Eralp will Enteignung

Krach fehlt schlicht das Radikale, das Eralp zu bieten hat. Die Umsetzung des Volksentscheids DW & Co enteignen dürfe „nicht einen Tag mehr verschleppt werden“, hat sie beim Parteitag versprochen – jenes Volksentscheids, den 58 Prozent unterstützten und an dem sich fast drei Viertel der Wahlberechtigten beteiligten.

Der SPD-Spitzenkandidat hingegen sagte jüngst im taz-Interview: „Wenn wir enteignen, ist noch lange nicht alles gut.“ Da hat er zwar recht. Aber eine Wahl gewinnt sich leider selten übers Rechthaben und die besseren Argumente, sondern über den besseren Eindruck, den eine Partei und ihre Spitze hinterlassen.

Und da gilt für Krach: Wenn er diese zentrale, kompakte, im PR-Sprech „in a nutshell“ übermittelbare Botschaft nicht noch findet, wird er sich in das Duell zwischen Eralp und Wegner nicht einmischen können. Dann kann er nur darauf hoffen, dass sich die Linkspartei in Sachen Antisemitismus noch selbst zerlegt. Was die aber zumindest am Wochenende vermeiden konnte.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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