piwik no script img

Berliner Kids bei polnischen Flutopfern

■ Jugendliche aus Friedrichshain brachten Spendengelder nach Polen und bauten Vorurteile ab

Während die Flutopfer auf der deutschen Oderseite bestens mit Spendengeldern versorgt wurden, gingen die betroffenen Polen in Breslau und Oppeln leer aus. Deshalb fuhren kürzlich acht Jugendliche aus Friedrichshain mit einem klapprigen VW-Bus nach Breslau, um im Rahmen des Projekts „Sommer der Begegnung“ ganz unbürokratisch zu helfen. Initiiert wurde das Projekt von verschiedenen deutschen sozialen Organisationen in Zusammenarbeit mit dem Polnischen Sozialrat e.V.

Zusammen mit polnischen Jugendlichen verteilten sie 60.000 Mark Spendengelder an Opfer, die von offizieller Seite aus nicht versorgt wurden: Alleinstehende Mütter, Behinderte, kinderreiche Familien. „Wir hegen ein tiefes Mißtrauen gegen die Behörden“, erklärte Witold Kaminski vom Polnischen Sozialrat am Dienstag abend anläßlich einer Zwischenbilanz der Spendenaktion. „Deshalb haben die Kids das Geld direkt verteilt.“ Die Überprüfung der behördlichen Listen brachte oft verblüffende Resultate: Manche der Opfer kassierten Gelder für erwachsene Kinder, die im Ausland lebten. Dann wieder traf man per Zufall auf arme Leute in verfallenen Häusern mit gerade mal 20 Zloty in der Tasche.

Mittlerweile sind bereits über 100.000 Mark auf dem Spendenkonto eingegangen, der nächste Verteilungstrupp wird sich Ende Oktober nach Polen aufmachen. Neben dem wohltätigen Zweck ergab sich aus der Begegnung auch ein positiver Effekt. Die Jugendlichen setzten sich mit ihren Vorurteilen auseinander: „Die Polen denken, alle Deutschen seien quadratisch und phantasielos, die Deutschen halten die Polen für schlechte Autofahrer und finden, die machen schlechtes Bier“, sagte Witold Kaminski, „doch was wirklich interessiert, das ist die Neugierde auf beiden Seiten.“ Kirsten Niemann

Polnischer Sozialrat e.V.: Kohlfurter Straße 40, 10999 Berlin, Telefon 6151717

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen